US-Vorwahl in Iowa: Was bedeutet Trumps klarer Sieg?

Die erste Vorwahl der Republikaner um die Kandidatur für die Präsidentschaftswahl hat Donald Trump mit klarem Vorsprung gewonnen. Mit 51 Prozent holte er in Iowa über die Hälfte der Stimmen. Weit abgeschlagen erreichten Ron DeSantis etwa 21 und Nikki Haley rund 19 Prozent. Der viertplatzierte Vivek Ramaswamy stieg aus dem Rennen aus und stellte sich hinter Trump. Europas Presse stellt sich auf raue Zeiten ein.

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La Croix (FR) /

Europa muss sich wappnen

Trumps drohende Rückkehr sollte die EU wachrütteln, mahnt La Croix:

„Es ist bekannt, wie wenig Enthusiasmus der glühende Verfechter der fossilen Energien für den Kampf gegen den Klimawandel aufbringt, in den Europa investiert - wir verdanken ihm insbesondere den Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen, in das Joe Biden sein Land später wieder einbrachte. Man hört Trumps Zweifel, die Unterstützung für die Ukraine fortzusetzen, und seinen Widerstand gegen eine Zwei-Staaten-Lösung im israelisch-palästinensischen Konflikt, welche die EU befürwortet. ... Im Falle seines Amtsantrittes brauchen wir ein starkes Europa. ... Zunächst geht es darum, die Bedeutung der Europawahlen nicht zu unterschätzen, die uns im Juni erwarten.“

Dserkalo Tyschnja (UA) /

Populistischer Fürsprecher des "wahren" Amerikas

Dserkalo Tyschnja erklärt, was Trump so populär macht:

„Die 'Unsinkbarkeit' des Ex-Präsidenten lässt sich nicht allein durch sein (negatives) Charisma, seine Demagogie und seine überdurchschnittlichen Showman-Fähigkeiten erklären. Wie auch bei den früheren Präsidentschaftswahlen positioniert er sich als Sprachrohr der Interessen des 'wahren' Amerikas. … Er vermochte die von Pessimismus, Unsicherheit und Angst geprägte Stimmung seiner Kernwählerschaft am besten zu begreifen, die sich aus weißen US-Amerikanern der unteren Mittelschicht ohne Hochschulabschluss zusammensetzt, und fand vereinfachende, häufig weit von der Wahrheit entfernte, aber attraktive Antworten auf die für diese Wähler wichtigen Fragen.“

La Stampa (IT) /

Blind für soziale Gerechtigkeit

Dass Trump unter anderem bei einkommensschwachen Schichten gut ankommt, wundert La Stampa:

„Bei den Entscheidungen der Wähler in fast allen Ländern scheint die soziale Gerechtigkeit kaum eine Rolle zu spielen. Donald Trump hat zu Beginn seiner Amtszeit, im Jahr 2017, den Superreichen mit seinen 1,5 Billionen Dollar Steuererleichterungen kolossale Geschenke gemacht. Mit Joe Bidens staatlicher Ausgabenpolitik haben die unteren Einkommen einen Teil des Rückstands gegenüber den höheren Einkommen aufgeholt. … Doch wie in Iowa zu sehen war, boomt die Unterstützung für Trump.“

Tygodnik Powszechny (PL) /

Trump-Kandidatur wäre Geschenk für die Demokraten

Tygodnik Powszechny glaubt nicht, dass Trump noch einmal mehrheitsfähig wäre:

„Es lässt sich nicht leugnen, dass es für die Demokraten das schönste Geschenk wäre, Trump als Rivalen zu haben: Der amtierende US-Präsident mit rekordverdächtig geringen Zustimmungsraten könnte die Wahl zu einem Referendum gegen Trump machen. So wie schon 2020 und 2022, als es zur wichtigen Wahlschlacht um den Kongress kam (auch dank ihrer Anti-Trump-Rhetorik behielten die Demokraten ihre Mehrheit im Senat). Zu Bidens Gunsten wirkt auch die zunehmend schrille Rhetorik von Donald Trump, der unter anderem andeutet, dass er im Falle eines Sieges nicht davor zurückschrecken würde, das FBI und das Justizministerium einzusetzen, um sich an seinen politischen Feinden zu rächen.“

De Morgen (BE) /

Polarisierung ist falscher Weg

De Morgen rät Biden hingegen, den Fokus lieber auf die eigenen Stärken zu richten als auf die Gefahr, die vom Gegner ausgeht:

„Biden darf in seiner Kampagne nicht den Fehler machen, Trumps 'Wir gegen Sie' zu übernehmen, was er jetzt tut. Seine Verunglimpfung macht Trump gerade zum großen Magneten. ... Stattdessen kann Biden aus Iowa lernen, dass dort wenig Jüngere Trump wählten und weniger Frauen teilnahmen, die Zielgruppen, die den heutigen Präsidenten 2020 zum Wahlsieg verhalfen und das auch 2024 tun können. Um sich deren Unterstützung zu sichern, sollte Biden lieber seine eigenen Stärken ausspielen, als auf den Schreihals aus Mar-a-Lago einzuschlagen.“

Delfi (LV) /

Leichtes Spiel für Trump

Einen Durchmarsch Trumps prophezeit Delfi:

„Der Sieg des Ex-Präsidenten in Iowa ist keine Überraschung. Die Umfragen sagten ihn seit mehreren Monaten voraus. … DeSantis hat speziell in Iowa viele Ressourcen investiert, daher ist sein zweiter Platz auch keine Sensation. Aber der große Rückstand auf Trump zeigt, wie viel Einfluss der Ex-Präsident bei den Republikanern noch hat. Trump erhielt in Iowa mehr Stimmen als DeSantis und Haley zusammen. ... Die nächste Station der republikanischen Vorwahlen ist nächste Woche New Hampshire. Umfragen zeigen, dass Trump auch dort der Topfavorit ist. ... Ein Trump-Sieg in diesem Bundesstaat wäre auch ein großer Schritt auf dem Weg zur Nominierung.“

Club Z (BG) /

Europa muss auf eigenen Beinen stehen

Die EU muss ihre Verteidigungspolitik dringend neu ausrichten, warnt Club Z:

„Laut EU-Kommissar Thierry Breton sagte Donald Trump im Jahr 2020 in einem informellen Gespräch mit Ursula von der Leyen, dass 'wenn Europa angegriffen wird, wir euch niemals zu Hilfe kommen werden'. Auch, dass die Nato 'tot ist und wir aus der Nato aussteigen werden'. Er soll auch gesagt haben: 'Ihr schuldet mir 400 Milliarden Dollar, weil ihr Deutschen nicht das bezahlt habt, was ihr für die Verteidigung hättet bezahlen müssen'. ... Wenn Trump ins Weiße Haus zurückkehrt, wird sich Europa nicht nur mit dessen Hass auf den alten Kontinent auseinandersetzen, sondern auch dringend die gesamte Last seiner eigenen Verteidigung übernehmen müssen.“

Aargauer Zeitung (CH) /

Seltsame Symbiose

Für die Aargauer Zeitung profitieren Trump und die Medien wechselseitig voneinander:

„Wie schon bei den Präsidentschaftswahlen 2016 und 2020 zeigt sich jetzt … wieder diese seltsame Symbiose zwischen den Medien und dem Antipolitiker Trump. Es wirkt wie eine gegenseitige Besessenheit. Die Journalisten berichten ausufernd über ihn, oft mit warnendem Unterton, Trump seinerseits vergisst bei keinem Auftritt, seine Hasstiraden gegen die 'Feinde des Volkes' loszulassen. Am Ende profitieren beide, denn Aufmerksamkeit ist im Polit- wie im Mediengeschäft die wichtigste Währung.“