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  Flüchtlingsdeal mit Ankara

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Das Krisentreffen des türkischen Präsidenten Erdoğan mit Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratschef Michel am Montag in Brüssel ist ergebnislos geblieben. Nun steht zum Verbleib der Flüchtlinge an der türkisch-griechischen Grenze und zur Lage in Syrien noch ein Treffen von Erdoğan mit Macron und Merkel kommende Woche in Istanbul an. Pressekommentare spiegeln Unmut über Ankara und die EU.

Griechische Behörden verzeichnen seit einigen Wochen einen deutlichen Anstieg der Zahl der Flüchtlinge, die auf den Inseln in der Ägäis ankommen. Der türkische Präsident Erdoğan hat nun gedroht, wieder mehr Menschen über das Mittelmeer flüchten zu lassen, wenn die EU ihn nicht bei seinem Vorhaben einer "Sicherheitszone" im Nordwesten Syriens unterstützt. Kann der Flüchtlingspakt mit Ankara gerettet werden?

Das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei gerät ein Jahr nach seinem Inkrafttreten erneut in den Fokus der Presse. Journalisten diskutieren, was der Deal gebracht hat, und bezeichnen die Asylpolitik Europas als unmenschlich.

Bulgariens Premier Borisov hat sich in einem Interview darüber beklagt, dass sein Land bei der Sicherung der EU-Außengrenze allein gelassen werde. Die Regierung fürchtet ansteigende Flüchtlingszahlen im Falle des Scheiterns des EU-Abkommens mit der Türkei. Davor haben auch einige Kommentatoren Angst. Andere kritisieren, dass Bulgarien versucht, Kapital aus der Flüchtlingskrise zu schlagen.

Ankara hat wiederholt gedroht, den Flüchtlingsdeal mit der EU platzen zu lassen, sollten die Türken keine Visafreiheit bekommen. Bereits Anfang August wurden türkische Beamte aus Griechenland abgezogen, die bei der Rückführung von Flüchtlingen mitarbeiten sollten. Der Pakt ist von Seiten der EU weder politisch gewollt noch praktisch nötig, analysieren Kommentatoren.

Präsident Erdoğan schlägt ein Referendum vor, in dem die Türken über den EU-Beitritt abstimmen sollen. Er warf der Union vor, ihre Versprechen aus dem Flüchtlingsabkommen nicht einzuhalten. Erst am Wochenende hatte Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy getwittert, eine türkische EU-Mitgliedschaft sei undenkbar. Wer ist schuld an der schlechten Stimmung?

Das EU-Parlament will erst über die Visaliberalisierung für Türken beraten, wenn Ankara alle Bedingungen erfüllt hat. Der türkische Präsident Erdoğan lehnt bislang die Änderung der Anti-Terror-Gesetze ab, die nach Auffassung Brüssels gegen europäische rechtsstaatliche Normen verstoßen. Muss Europa gegenüber Erdoğan hart bleiben?

Der türkische Premier Ahmet Davutoğlu hat die EU aufgefordert, die zugesagte Visafreiheit für Türken ab Juni umzusetzen. Andernfalls könne man von der Türkei nicht erwarten, dass sie ihre Verpflichtungen gegenüber der EU einhalte, betonte er. Lässt sich die EU von der Türkei wegen des Flüchtlings-Deals erpressen?

Die 28 EU-Staaten haben sich auf einen gemeinsamen Standpunkt zur Flüchtlingspolitik geeinigt, über den sie nun mit der Türkei verhandeln wollen. Der geplante Deal mit Ankara bereitet vielen Kommentatoren noch immer Bauchschmerzen, da sie ihn für unmoralisch halten. Andere sehen keine Alternative, um Schleppern das Handwerk zu legen und legale Fluchtwege zu schaffen.

Seit Sonntag gilt das Abkommen zwischen der EU und Ankara, wonach illegal aus der Türkei eingereiste Flüchtlinge dorthin zurückgebracht werden können. Trotzdem kommen noch täglich hunderte Migranten über das Meer nach Griechenland. Der Deal kann die ungeregelte Flucht nach Europa beenden, glauben einige Kommentatoren. Andere prophezeien, dass sich die Menschen andere Routen suchen werden.

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex hat mit der Umsetzung des EU-Ankara-Abkommens begonnen und Flüchtlinge aus Griechenland in die Türkei abgeschoben. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Aktion. Was ist der Preis für die Lösung der Flüchtlingskrise?

Die EU und die Türkei haben einen Aktionsplan beschlossen, um die Zahl der Flüchtlinge zu verringern, die in die EU gelangen. Ankara muss seine Grenzen besser kontrollieren, das Land wird zum sicheren Herkunftsstaat erklärt. Dieser Deal ist eine Farce angesichts der Menschenrechtsverletzungen in der Türkei, meinen einige Kommentatoren. Andere kritisieren, dass die EU immer noch weit entfernt von einer gemeinsamen Asylpolitik ist.

Im Gegenzug für einen verstärkten Grenzschutz hat die EU Ankara versprochen, ein neues Kapitel der Beitrittsverhandlungen zu eröffnen. Die Türkei ist noch lange nicht reif für die Aufnahme in die Union, meinen einige Kommentatoren. Andere sehen in dem Angebot die einzige Möglichkeit, das Schengener Abkommen zu retten.

Die niederländische Regierung will die Flüchtlingszahlen drastisch senken: Sie schlägt vor, Bootsflüchtlinge direkt aus Griechenland in die Türkei zurückzuschicken. Im Gegenzug soll eine Kerngruppe von EU-Staaten 250.000 Asylsuchende direkt aufnehmen. In der Presse stößt der Vorstoß auf geteiltes Echo.

Die Türkei will Migranten aus Griechenland zurücknehmen und verlangt dafür mehr Geld für Flüchtlinge sowie schnellere EU-Beitrittsverhandlungen. Paris und Wien haben sich jetzt gegen dieses Abkommen ausgesprochen. Wird sich die EU auf den Vorschlag aus Ankara einlassen?