(© picture-alliance/dpa)

  MeToo

  14 Debatten

Unter dem Hashtag MeToo veröffentlichen Frauen seit fünf Jahren ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung. In den USA und anlässlich des Weinstein-Skandals entstanden, erreichte die Bewegung schnell internationale Bedeutung. Europas Presse zieht Bilanz.

Am Dienstagabend erzählte der prominente und umstrittene Fußballkommentator Johan Derksen beiläufig und unter Gelächter in der niederländischen TV-Show Vandaag Inside, wie er als 22-Jähriger eine durch Alkohol bewusstlos gewordene Bekannte vergewaltigte. Die Staatsanwaltschaft will den Fall prüfen. Derksen versuchte nachträglich, seine Schilderung zu entkräften. Die niederländische Presse ist entsetzt.

Journalisten haben aufgedeckt, dass es bei der TV-Castingshow The Voice of Holland jahrelang zu sexualisierten Übergriffen gekommen ist. 19 betroffene Frauen haben sich gemeldet, nachdem die Journalisten im vergangenen Jahr einen Aufruf gestartet hatten. Medien-Unternehmer und langjähriger Produzent John de Mol äußerte sich schockiert, doch geriet selbst in die Kritik.

In Estland hat eine Fußballspielerin eine umfangreiche Metoo-Debatte ausgelöst. Wie sie nun öffentlich machte, wurde sie als 14-Jährige von ihrem damals 52 Jahre alten Trainer Getúlio Aurelio Fredo in eine mehrere Jahre dauernde sexuelle Beziehung hineingezogen. Beobachter sind skeptisch, ob die nun diskutierte Anhebung des Konsensalters von 14 auf 16 Jahre das eigentliche Problem lösen kann.

Aufgrund von Belästigungsvorwürfen gegen Placido Domingo haben mehrere Opernhäuser Auftritte des spanischen Tenors abgesagt. Neun Frauen hatten Domingo in einem Medienbericht vorgeworfen, seine Macht und Prominenz missbraucht zu haben, um sie in sexuelle Beziehungen zu drängen. Der 78-jährige Star bestritt die Vorwürfe in schriftlich. Nicht alle Kommentatoren glauben, dass ihm dies helfen wird.

Im Streit über den Supreme-Court-Kandidaten Brett Kavanaugh hat US-Präsident Trump das FBI angewiesen, Ermittlungen aufzunehmen. Die Bundespolizei soll die Vorwürfe gegen den Juristen wegen sexueller Belästigung weiter untersuchen, bevor der US-Senat final über ihn abstimmt. Kommentatoren diskutieren den Einfluss der MeToo-Bewegung im Fall Kavanaugh.

Dänemark wühlen derzeit Berichte über die Begrüßungsrituale an einigen Gymnasien auf. 15- und 16-jährige Mädchen, die in die Oberstufe eintreten, werden als Kellnerinnen für ein Dinner für Schüler der Abgangsklasse ausgesucht. Sie müssen einem Dresscode folgen und zum Beispiel rote Unterwäsche tragen und werden offenbar häufig sexuell belästigt. Dänische Medien sind entsetzt ob dieser Bräuche.

Serena Williams ist beim Frauenfinale der US Open von Schiedsrichter Carlos Ramos dreimal verwarnt worden. Williams beschimpfte ihn daraufhin und bezeichnete ihn als "Dieb". Im Anschluss an das Match klagte Williams, Ramos habe sexistisch gehandelt, da Männer wegen ähnlicher Vergehen nicht verwarnt würden. Hat sie mit diesem Vorwurf recht?

Als Folge der Debatte um sexuelle Übergriffe hat der britische Verteidigungsminister Michael Fallon seinen Rücktritt erklärt. Auch weitere Regierungsmitglieder und Abgeordnete der Tories stehen unter Verdacht, sich der sexuellen Belästigung schuldig gemacht zu haben. Was bedeutet das für die Regierung von Premierministerin May?

Während die MeToo-Kampagne gegen sexualisierte Gewalt anderswo an Fahrt verliert, schlägt sie in Schweden immer höhere Wellen. Erst vereinigten sich Künstlerinnen und Journalistinnen in ihrem Protest, dann schlossen sich Bürgerinnen und Bürger aus allen Teilen der Gesellschaft an. Zu Recht, finden schwedische Medien, denn in dem Land, in dem sich sogar der Premier einen Feministen nennt, werde noch immer zu viel weggeschaut.

Nach der 90. Oscar-Verleihung in Los Angeles beschäftigen sich Kommentatoren weniger mit den Preisträgern wie der Fantasy-Romanze "The Shape of Water", die vier Trophäen gewann. Im Mittelpunkt des Interesses steht vielmehr die Frage, wie Hollywood auf die aufgedeckten Missbrauchsskandale reagiert und ob es dem von Trump propagierten Amerika etwas entgegensetzt.

Das US-Magazin Time hat die Social-Media-Kampagne MeToo zur "Person des Jahres" 2017 erklärt. Unter dem Hashtag MeToo hatten vor allem Frauen darauf aufmerksam gemacht, wie weit verbreitet sexuelle Belästigung und Gewalt sind. Nach Auffassung des Magazins stießen sie damit einen kulturellen Wandel an. Kommentatoren allerdings sind uneins, ob die Bewegung nachhaltig etwas verändern kann.

Ungeschicktes Flirten ist kein Delikt: Das finden rund 100 bekannte Französinnen, darunter Schauspielerin Catherine Deneuve. In einem Gastbeitrag in Le Monde äußern sie sich kritisch über die MeToo-Kampagne. Diese habe ein Klima der Denunziation geschaffen, schüre Hass gegen Männer und arbeite gegen die sexuelle Freiheit. Die hitzige Debatte um MeToo hält damit weiter an.

Tausende Frauen haben in sozialen Netzwerken unter dem Hashtag MeToo ihre Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt geschildert. Sie reagierten damit auf das Bekanntwerden von Vorwürfen gegen Hollywood-Produzent Harvey Weinstein, der jahrzehntelang Schauspielerinnen belästigt und vergewaltigt haben soll. Der Kampf gegen Übergriffe muss von allen Teilen der Gesellschaft geführt werden, fordern Kommentatoren.