Putins Hand auf der russischen Verfassung bei seiner Vereidigung am 07. Mai 2018. (© picture-alliance/dpa)

  Verfassungsänderung in Russland

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Die Kommission für Demokratie durch Recht ("Venedig-Kommission") des Europarates hat die Reform der russischen Verfassung von 2020 stark kritisiert. Diese ermöglicht Wladimir Putin unter anderem, bis 2036 zu regieren. "Die Änderungen gehen weit darüber hinaus, was nach dem Prinzip der Gewaltenteilung angemessen ist", so die Experten, und bedrohten Russlands Rechtsstaatlichkeit. Zustimmung in den Medien.

Beim umstrittenen russischen Verfassungsreferendum am 1. Juli haben nach offiziellen Angaben 78 Prozent der Wählenden mit Ja und 21 Prozent mit Nein gestimmt. Wahlbeobachter kritisierten Manipulationen. Hat der Kreml am Ende dennoch alles richtig gemacht?

Bis zum heutigen Mittwoch entscheiden die Russen in einem Volksentscheid über eine umfangreiche Verfassungsänderung. Die Zahl der Amtszeiten an der Spitze des Staates würde laut neuer Verfassung auf zwei reduziert. Da der Zähler jedoch auf null gesetzt wird, erhielte Präsident Wladimir Putin die Möglichkeit, bis 2036 im Amt zu bleiben, was Kommentatoren heftig kritisieren.

Putin hat das ursprünglich für den 22. April geplante Verfassungsreferendum nun auf den 1. Juli gelegt. Die Abstimmung soll unter Berücksichtigung der Pandemie ablaufen: weitgehend unter freiem Himmel und mit der Möglichkeit, bis zu eine Woche vorher abzustimmen. Wurde auch Zeit, finden einige Kommentatoren. Andere wittern propagandistisches Kalkül.

In Russland ist das Paket an Verfassungsänderungen - inklusive der Möglichkeit für Putin, sein Amt zu behalten - in den letzten Tagen im Eilverfahren vom Föderationsrat, allen Regionalparlamenten und auch vom Verfassungsgericht gebilligt worden. Eigentlich soll nun am 22. April noch das Volk über die Reform befinden. Doch nun stellt die Corona-Krise den Termin infrage.

In Russland wird an der Verfassung herumgedoktert: Am 22. April soll das Volk in einem - vom Wahlrecht so nicht vorgesehenen - Referendum eine ganze Reihe von Änderungen absegnen, die Putin nun in die Duma eingebracht hat. Geplant sind Reformen der staatlichen Struktur und verschiedene Verweise auf russische Grundwerte. Dass diese Verweise schlussendlich unwichtig sind, erklären Journalisten.

In Russland werden gegenwärtig Vorschläge für die von Putin angestoßene Verfassungsänderung diskutiert. Patriarch Kyrill, Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, hat den Wunsch geäußert, einen Bezug auf Gott in die Präambel aufzunehmen. Dafür bete er. Der Kreml verwies die Frage an die für die Verfassungsreform einberufene Arbeitsgruppe. In den Medien ist das Echo eher ablehnend.

Der Kreml hat am Montag bereits einen Entwurf für die letzte Woche angekündigte Verfassungsreform beim Parlament eingereicht. In Russland wundert man sich nun, wozu Putin eine 75-köpfige Arbeitsgruppe einberufen hat, die im Laufe einiger Monate die von ihm angeregten Verfassungsänderungen ausarbeiten sollte. Russische Journalisten schwanken zwischen Verbitterung und Resignation.

Die von Wladimir Putin angekündigten Verfassungsänderungen und der Regierungswechsel in Russland bieten weiterhin viel Diskussionsstoff. Kommentatoren versuchen die Rolle des neuen Premiers Michail Mischustin – bislang Chef der Steuerbehörde – zu deuten. Neben vielen skeptischen Kommentaren finden sich mittlerweile auch Stimmen, die Putins Pläne durchaus positiv sehen.