Merkel steht im Bundestag Rede und Antwort
Es war ein Novum im Bundestag: Im neuen Format der Regierungsbefragung musste Kanzlerin Angela Merkel den Abgeordneten Rede und Antwort stehen. Die SPD hatte diese Art von Fragestunde im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Wie haben Europas Journalisten sie wahrgenommen?
Weichgespült statt gegrillt
Das war ein harmloses Geplänkel, klagt Der Standard:
„Der Termin schien verheißungsvoll: Endlich würden die Abgeordneten die Regierungschefin mal so richtig 'grillen' können. Doch leider, die Grillparty fiel ins Wasser, genauer gesagt in den Weichspüler à la Merkel. Das lag zunächst am Format selbst. Dass es für Fragen und Antworten nur je 60 Sekunden gab, war nicht das Problem. In der Kürze liegt bekanntlich die Würze. ... Doch den Abgeordneten fehlte die Möglichkeit zur Nachfrage. ... Vor allem die Opposition hat ihre bescheidenen kleinen Schwerter einfach nicht geschärft. Das sollte bei Merkels nächster Befragung besser werden, sonst kann man sich die ganze Veranstaltung gleich ersparen.“
Außenpolitik treibt deutsche Elite um
Der Politologe Alexander Rahr findet die Dominanz außenpolitischer Themen auffällig. Er schreibt in einem Gastkommentar für die kremltreue Iswestija:
„Die Kanzlerin konnte sich nicht zu scharfen Äußerungen an die Adresse der USA durchringen und betonte die Notwendigkeit des weiteren Dialogs mit Washington. Doch ist bemerkenswert, dass sie im gleichen Sinne auch über Russland sprach. Natürlich hat sie nicht angekündigt, die Sanktionen aufzuheben und eine Freundschaft wie früher zu pflegen. Aber sie wiederholte, dass Berlin und Moskau im Dialog stehen müssen ... Auffällig war, dass sich im Verlauf des Gesprächs der Akzent weg von der Innenpolitik deutlich zur Außenpolitik verschob. ... Normalerweise interessiert die Deutschen vor allem ihre eigene Agenda. Doch die weltpolitischen Turbulenzen erregen bei der deutschen Elite Unruhe.“