Die Lage der Frauen in Afghanistan
Frauen und Mädchen sind wohl unter den Hauptleidtragenden des gescheiterten Einsatzes in Afghanistan und der Rückkehr der Taliban. Die Organisation Terre des Femmes fürchtet, dass ihnen das Recht auf Bildung, Berufsausübung und Selbstbestimmung verwehrt wird. Es drohen darüber hinaus Vollverschleierung, Zwangsehen und öffentliche Bestrafungen. Mitleid ist dennoch unangebracht, finden einige Kommentatorinnen.
Ein einziger Albtraum
Grausige Aussichten für die Frauen in Afghanistan schildert Habertürk-Kolumnistin Nihal Bengisu Karaca:
„Sie werden die Frauen hinter Mauern einsperren, sie unhörbar und unsichtbar werden lassen, ihnen im Falle eines Konfliktes oder von Gewalt durch Männer der Familie den Zugang zu Behörden und einer rechtlichen Lösung verwehren, sie werden sie zwingen, beim Erbrecht einem geringeren Anteil als ihre Brüder zuzustimmen, sie zwangsverheiraten, sie zunehmend zu Gebärmaschinen machen, in dem sie sagen 'der beste Beruf ist die Mutterschaft' und Vielehen zur Norm machen. Männer werden sich wann immer und wie sie wollen scheiden lassen können, während die Frauen, deren Ehevertrag gekündigt wurde, ruiniert sind, weil sie keinen Beruf ausüben können.“
Unterstützung ja - Rettung nein
Die Historikerin Farah Bazzi klagt in De Standaard über den paternalistischen Ton, in dem über die Frauen gesprochen wird:
„Afghanische Frauen verdienen unsere Solidarität in ihrem Kampf gegen die Taliban. ... Angesichts der langen Geschichte der westlichen Einmischung ist es unsere Pflicht, auf sie zu hören. Um sie die Führung übernehmen zu lassen in ihrem eigenen Emanzipationskampf. Der anmaßende Ton, mit dem der Westen jahrelang über afghanische Frauen gesprochen hat, ist nicht mehr zeitgemäß. Wenn wir ernsthaft afghanische Frauen anschauen und ihnen zuhören, wird deutlich, dass sie es waren, die unter Lebensgefahr wirklich die Arbeit geleistet haben in Afghanistan. Sie müssen nicht gerettet werden. Sie verdienen aber unsere Unterstützung.“
Heuchlerisch und kontextfremd
Warum der Export von Frauenrechten gescheitert ist, erklärt die Publizistin Boróka Parászka in Hvg:
„Der Frauenrechtsschutz, den die internationalen Organisationen in Afghanistan geleistet haben, hat sich nicht dem Ort, dem Zeitalter und der politischen Realität angepasst. Der Import von Frauenrechten ist genauso heuchlerisch abgelaufen, wie der Demokratiexport. ... Man hätte Gleichstellung lehren können - jedoch nur, indem man sich an den lokalen Verhältnissen, an den Lebensrhythmen und der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft orientiert.“