Frankreich: Corona-Krise beschert Medien neues Vertrauen

Enormer Nutzungszuwachs und steigende Abonnentenzahlen: Während der Covid-19-Pandemie wenden sich die Franzosen wieder verstärkt TV, Radio und Presse zu. Die Vertrauenskrise, die den klassischen Medien jahrelang schwer zu schaffen machte und durch die Bewegung der Gelbwesten 2018/2019 noch verstärkt wurde, scheint plötzlich der Vergangenheit anzugehören.

Frankreichs Präsident Macron und Ex-Verteidigungsministerin Sylvie Goulard neben dem Geschäftsführer von Dassault Aviation, Eric Trappier. Der Konzern ist nicht nur der weltweit sechstgrößte Hersteller von Militärflugzeugen, ihm gehört auch die Tageszeitung Le Figaro.
Frankreichs Präsident Macron und Ex-Verteidigungsministerin Sylvie Goulard neben dem Geschäftsführer von Dassault Aviation, Eric Trappier. Der Konzern ist nicht nur der weltweit sechstgrößte Hersteller von Militärflugzeugen, ihm gehört auch die Tageszeitung Le Figaro.
Verlässliche Informationen erhalten in der Corona-Krise schlagartig wieder einen hohen Stellenwert. Neben aktuellen Nachrichten zur Corona-Krise und ihren Auswirkungen versorgen die Medien die Bürger auch mit Ratschlägen von Experten, Tipps für das Alltagsleben im Ausnahmezustand und zahlreichen Interaktionsangeboten. Gleichzeitig werden die Medienhäuser aber auch mit neuen Herausforderungen konfrontiert: Durch den Lockdown ist natürlich auch die journalistische Arbeit teils stark eingeschränkt und die Werbeerlöse brechen drastisch ein. Die Branche befürchtet daher neues Mediensterben sowie zunehmende Konzentration.

Informationen werden zunehmend zum Luxusgut


Die Mehrheit der französischen Medien ist bereits in der Hand von reichen Geschäftsleuten oder Industriellen gebündelt, wie zum Beispiel dem Internetunternehmer Patrick Drahi oder der Familie Dassault, die den Luftfahrt- und Rüstungskonzern Dassault Aviation besitzt. Zwar gelingt es Journalisten hier und da auch, ihre Mitspracherechte auszubauen, um journalistische Unabhängigkeit sicherzustellen, wie jüngst bei Le Monde und Mediapart, doch droht der Zugang zu Informationen infolge der Corona-Krise schwieriger zu werden, insbesondere für Personen, die finanzielle Einbußen davontragen.

Das Verhältnis von Präsident Macron zu den Medien gilt als angespannt. Schon zu Beginn seiner Amtszeit ging er auf Distanz zur Presse. So versuchte der Präsident die Berichterstattung über sich stärker zu kontrollieren und verbannte Journalisten aus dem Elysée-Palast. Im November 2018 beschloss das französische Parlament nach den Plänen Macrons zwei umstrittene Gesetze, wonach Parteien oder Kandidaten in den drei Monaten vor einer landesweiten Wahl gegen öffentlich verbreitete Gerüchte und Falschnachrichten vorgehen können. Kritiker, darunter auch Journalistenorganisationen, warnten davor, dass die Gesetze die Meinungsfreiheit einschränken und Zensur Vorschub leisten könnten. Ihrer Ansicht nach versucht der Präsident, missliebige Informationen zu unterbinden.

Angst vor dem Überwachungsstaat

Bereits nach dem blutigen islamistischen Attentat auf die Redaktion von Charlie Hebdo, bei dem im Januar 2015 zwölf Journalisten ermordet wurden, hatte Frankreich seine Überwachungsgesetze verschärft. Mit Blick auf "wichtige außenpolitische Interessen" und im Namen der "Abwehr von Angriffen auf Institutionen der Republik" dürfen Geheimdienste nun Internetdaten speichern und direkt von den Providern abgreifen. Weil diese Bedingungen nur vage formuliert sind, könnte die Überwachung politischer Aktivisten und Journalisten gerechtfertigt werden, fürchten Beobachter.

Dabei hat gerade die Pressefreiheit in Frankreich eine lange Tradition: Im 17. Jahrhundert erschien die erste Zeitung unter dem Namen Straßburger Relationen. Während der französischen Revolution stieg die Zahl der Zeitungen auf bis zu 1.000. 1881 wurde die Pressefreiheit in der Verfassung verankert. Das Land brachte auch die weltweit erste Nachrichtenagentur hervor, die seit 1835 bestehende Agence France Presse.

Das Fernsehen spielt eine zentrale Rolle in der öffentlichen Debatte, insbesondere die 20-Uhr-Nachrichten des Privatsenders TF1 und des öffentlich-rechtlichen Senders France 2. Spricht ein französischer Präsident zum Volk, tut er es dort. Frankreich ist weltweit eines der Länder mit den meisten Radiosendern - derzeit etwa 900. Der öffentlich-rechtliche Sender Radio France unterhält Nachrichten, Kultur- und Regionalprogramme.

Bei den Printmedien verfügt Frankreich über eine große Vielfalt, die meistgelesenen überregionalen Zeitungen sind Le Parisien, Le Figaro und Le Monde. Die Regionalzeitung Ouest-France erreicht sogar noch mehr Leser. Obwohl viele Pressetitel mit sinkenden Auflagen kämpfen, gingen in den vergangenen Jahren mit Mediapart, L'Opinion, Causeur und Les Jours auch neue Medien an den Start. Viele von ihnen räumen dem Meinungsaustausch einen großen Platz ein. Zudem wenden sich französische Zeitungen zunehmend auch an Leser außerhalb Frankreichs: So startete beispielsweise die katholische Tageszeitung La Croix 2016 eine englischsprachige Webversion und Le Monde lancierte 2019 sein Lifestyle-Magazin M International, das ebenfalls auf Englisch erscheint.

Rangliste der Pressefreiheit (Reporter ohne Grenzen):
Platz 34 (2020)

Stand: April 2020
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