(© picture-alliance/Markus Schreiber)

  LGBT in Europa

  21 Debatten

Als erstes christlich-orthodox geprägtes Land erlaubt Griechenland die standesamtliche Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. 176 der 300 Abgeordneten stimmten vergangenen Donnerstag für das von der konservativen Mitsotakis-Regierung vorgelegte Gesetz – trotz des heftigen Widerstands der Kirche.

Der konservative Premier Kyriakos Mitsotakis will ein Wahlversprechen einlösen und gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung in Griechenland ermöglichen. Das Thema wird in der Gesellschaft höchst kontrovers und emotional diskutiert. Widerstand kommt insbesondere von der einflussreichen orthodoxen Kirche. Einzelne Bischöfe drohen Abgeordneten gar mit Exkommunizierung.

Im Mai urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass Rumänien gleichgeschlechtliche Ehen oder zumindest eine eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle erlauben muss. Bis März 2024 hat Bukarest Zeit, entsprechende Maßnahmen vorzustellen. Doch die Regierung verweist darauf, dass die rumänische Bevölkerung gleichgeschlechtliche Ehen ablehne, und will der Sache keine Priorität einräumen.

Die russische Justiz hat die nicht näher definierte "internationale LGBT-Bewegung" als extremistisch eingestuft und verboten. Somit können nun Menschen wegen Unterstützung von LGBT-Anliegen zu Gefängnisstrafen verurteilt werden. In St. Petersburg wurde am Freitag der Musiksender Aiva wegen Darstellung gleichgeschlechtlicher Liebe zu einer Geldstrafe von rund 5.000 Euro verurteilt. Was folgt als Nächstes?

Am 28. Juni 1969 wehrten sich Schwule, Lesben, trans Menschen und andere queere Personen zum ersten Mal gegen die wiederholten Razzien der New Yorker Polizei gegen ihre Community im Stonewall Inn in der Christopher Street. Es folgten weitere Proteste und Pride-Paraden gegen die Kriminalisierung von LGBTQI+. Inzwischen ist der Juni weltweit zum Pride Month avanciert. Ein Blick in die Presse zum Stand der Gleichstellung in Europa.

Die gesetzliche Ausweitung der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare in Estland war bereits Teil der Koalitionsverhandlungen zwischen der Reformpartei von Wahlgewinnerin Kaja Kallas, den Sozialdemokraten und der zentristischen Partei Estland 200. Die neue Regierung hat einen entsprechenden Vorschlag ins Parlament eingebracht, wo er nun sehr kontrovers debattiert wird. Ein Blick in die Kommentare der Landespresse.

Nach dem Anschlag auf die queere Bewegung in Bratislava, bei dem vergangene Woche zwei homosexuelle Männer erschossen wurden, wird nun in der Slowakei über eine bessere rechtliche Absicherung für sexuelle Minderheiten debattiert. Kommentatoren sind jedoch nur vorsichtig optimistisch, dass auf diesem Feld endlich Fortschritte erzielt werden.

Vor einer Schwulenbar in der slowakischen Hauptstadt Bratislava hat ein 19-jähriger homophober Angreifer am Mittwochabend zwei Männer erschossen und eine Kellnerin schwer verletzt. Anschließend veröffentlichte er Hassbotschaften gegen sexuelle Minderheiten und nahm sich nach Polizeiangaben selbst das Leben. Kommentatoren sind entsetzt über die Bluttat und sparen nicht mit Gesellschaftskritik.

Der Pride Month wurde weltweit bereits im Juni zelebriert – doch in einigen Ländern stehen erst jetzt Feierlichkeiten an. So finden diese Woche die Stockholm Pride und die Baltic Pride in Riga statt. Dass die Rahmenbedingungen in beiden Städten ganz unterschiedlich sind, lässt ein Blick in die jeweilige Landespresse erahnen.

Ungarns Premier Orbán will die Bürger über das umstrittene Anti-LGBT-Gesetz abstimmen lassen, das zu einem Vertragsverletzungsverfahren seitens der EU geführt hat. Die Frage ist, ob Eltern Sexualkunde zustimmen müssen und ob Minderjährigen Informationen zu Homo- und Transsexualität sowie geschlechtsangleichende Behandlungen zugänglich sein sollen. Mit Kinderschutz hat das alles nichts zu tun, meinen Kommentatoren.

In Prag hat am vergangenen Wochenende zum neunten Mal eine Pride Parade stattgefunden. Aktivisten erinnerten daran, dass die Liberalisierung der tschechischen Gesellschaft und der Abbau von Stigmatisierungen gegen LGBTI-Personen seit ein paar Jahren stagnieren. Kommentatoren ergründen die Ursachen dafür.

Am Samstag, dem Internationalen Tag der Familie, haben in Vilnius rund 10.000 Menschen am "Marsch für die Familie" teilgenommen. Sie richteten sich gegen aktuelle Entwicklungen, die sie als Bedrohung traditioneller Familienwerte wahrnehmen, wie die Istanbul-Konvention oder Rechte für LGBT+. Den Videogruß an alle Bürger vom Präsidenten Gitanas Nausėda am selben Tag werteten die Organisatoren als Zeichen der Unterstützung.

Die estnische LGBT-Community ist in der Stadt Pärnu in den vergangenen Wochen Zielscheibe eines pöbelnden Mobs geworden. Erst wurden die Besucher einer Filmvorführung beschimpft und gefilmt, wenig später wurde eine Infoveranstaltung gestört. Organisiert hatte die Demonstrationen der örtliche Ableger der rechtsextremen Ekre-Partei, die in Tallinn in der Regierung sitzt. Estnische Medien sind voller Sorge.

Ungarns Parlament hat Homosexuelle vom Recht auf Adoption ausgeschlossen. "Die Mutter ist eine Frau, der Vater ist ein Mann", heißt es in dem Beschluss vom vergangenen Dienstag, Ausnahmen soll es nur mit Genehmigung der Familienministerin geben. Das Verbot reiht sich in eine Reihe von Einschränkungen für LGBT-Menschen unter der Regierung Orbán ein. Kommentatoren sind so empört wie besorgt.

Vor der polnischen Präsidentschaftswahl Ende Juni hat Amtsinhaber Duda eine Familien-Charta vorgestellt. Mit dieser will er unter anderem die Ehe als Verbindung von Mann und Frau verteidigen und Kinder "vor der LGBT-Ideologie" schützen. Beobachter glauben, dass das Thema den weiteren Wahlkampf der nationalkonservativen Regierungspartei PiS bestimmen wird. Mit welchen Folgen?

Im Juni wird vor allem in angelsächsischen und romanischen Ländern der Pride Month begangen. Mit Paraden und Protestaktionen feiert die LGBTQ-Community gesellschaftliche Vielfalt und macht auf fortbestehende Ungerechtigkeiten aufmerksam. Viele Konzerne färben ihre Logos während dieser Wochen in den Regenbogenfarben - allerdings nicht weltweit. Echtes Engagement sehen Kommentatoren darin nicht.

Mehrere polnische Rathäuser und Landkreise haben Beschlüsse unterzeichnet, in denen sie ihre Gebiete zu sogenannten "LGBT-ideologiefreien Zonen" erhoben. Nachdem das EU-Parlament diese Erklärungen bereits im Dezember 2019 verurteilt hatte, lehnte die EU-Kommission nun erstmals kommunale Fördergeldanträge der betroffenen Orte ab. Kann Brüssel die Diskriminierung auf diese Weise stoppen?

Im lettischen Tukums soll ein 29-Jähriger aus Hass auf Homosexuelle in Brand gesteckt worden sein. Der Mann war zuvor bedroht worden und hatte sich an die Polizei gewandt, diese hatte jedoch nicht reagiert. Lettland tut sich generell schwer mit der Akzeptanz sexueller Minderheiten: Die Mehrheit der Parteien und die einflussreiche Kirche sind gegen einen Ausbau ihrer Rechte. Diese Konstellation bereitet der Presse Sorgen.

Im Herbst hatte die liberal-konservative Koalition in Litauen die Istanbul-Konvention und ein Gesetz zu Legalisierung ziviler Partnerschaften von LGBT auf die Tagesordnung gesetzt. Inzwischen ist die daraus entstandene Debatte eskaliert. LGBT-Gegner drohen dem offen homosexuellen Vorsitzenden des Ausschusses für Menschenrechte und haben 300.000 Unterschriften gesammelt, um ihn abzusetzen. Andererseits werden katholische Priester angefeindet.

Ungarns Regierungspartei Fidesz hat am Dienstag ein "Anti-Pädophilie-Gesetz" beschlossen. Es untersagt die "Darstellung und Förderung" von Homo- und Transsexualität zum Beispiel in Lehrplänen, Büchern und Filmen. Geschlechtswechsel werden für Jugendliche unter 18 verboten. Kommentatoren sprechen von perfiden Methoden mit weitreichenden Folgen.

Nach der Verabschiedung des "Anti-Pädophilie-Gesetzes" hat die Debatte um die Vereinbarkeit von Ungarns rechtsstaatlicher Entwicklung mit seiner EU-Mitgliedschaft neue Fahrt aufgenommen. Kommissionspräsidentin von der Leyen nannte das Gesetz eine Schande, der niederländische Premier Rutte legte Ungarn nahe, einen EU-Austritt zu erwägen. Auch Europas Presse diskutiert, ob nun härtere Schritte angebracht wären.