Tschechien vor der Wahl: Gespaltenes Land?

In der Stichwahl um das Präsidentenamt müssen sich die Bürgerinnen und Bürger in Tschechien am Wochenende entscheiden: Zur Wahl stehen der ehemalige General Petr Pavel, der auch für die Nato im Einsatz war, und der frühere Regierungschef Andrej Babiš, der im Wahlkampf Furore machte, als er die tschechische Solidarität im Nato-Bündnisfall infrage stellte. Kommentatoren kritisieren den Wahlkampf.

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Aktuality.sk (SK) /

Ganz nach Trumps Vorbild

Babiš hat das schlechte Gebaren aus den USA kopiert, kritisiert der Chefredakteur von Aktuality.sk, Peter Bárdy:

„Die Taktik von Andrej Babiš ähnelte in vielerlei Hinsicht der des ehemaligen US-Präsidenten, die auf der Radikalisierung der Gesellschaft, der Suche nach Feinden, auf Beleidigungen und Angriffen aufbaute. Ihm wurde geraten, sowohl rechtsextreme Gruppen als auch radikalisierte Personen zu erreichen und zu verbinden, die nach Aufregung oder Sinn in ihrem Leben suchten und die von den Versprechungen der extremistischen Ideologie begeistert waren. Babiš kopierte Trump unkritisch und opportunistisch in allem, was ihm helfen könnte, politische Punkte zu sammeln.“

Hospodářské noviny (CZ) /

Gegner sind schlechtem Beispiel gefolgt

Für Hospodářské noviny haben sich aber auch die Kritiker von Babiš im Ton vergriffen:

„Babiš böse? Ein Agent? Eine derart angespannte Rhetorik gehört nicht in eine demokratische Gesellschaft. In einer Demokratie ist es wünschenswert, sich zumindest in elementaren Dingen einigen zu können, zum Beispiel darüber, dass man völlig anderer Meinung sein kann als der Gegner, ihn aber dennoch respektiert. Wer vom Bösen oder Agenten spricht, schließt solchen Respekt aus und stigmatisiert nicht nur den Gegner, sondern auch dessen Wähler.“

Sme (SK) /

Offene Wunden

Die gegenseitigen Anfeindungen haben das gesellschaftliche Zusammenleben vergiftet, befürchtet Gastkommentator Jindřich Šidlo in Sme:

„Wenn sich der Staub nach der Schlacht legt, wird ein geteiltes Tschechien zurückbleiben, dessen Bewohner weiterleben müssen, gemeinsam, Seite an Seite. Und ich fürchte, dass das nach diesem Wahlkampf etwas schwieriger sein wird als vor zehn oder fünf Jahren. Offensichtlich trägt die eine Seite die Hauptverantwortung dafür. Aber die andere zeigt bislang nicht einmal den guten Willen, all die Gräben zu füllen.“