Soll das Geschlecht selbst bestimmbar sein?

Menschen in Großbritannien sollen künftig selbst über ihre Geschlechtsidentität entscheiden und in den Geburtsurkunden zwischen den Einträgen "weiblich", "männlich" oder "X" wählen dürfen. Bisher müssen britische Transgender mindestens zwei Jahre im anderen Geschlecht gelebt haben und ein Therapeut muss eine Störung der Geschlechtsidentität diagnostizieren, bevor sie ihr Geschlecht ändern dürfen. Nicht alle Medien finden den Vorschlag progressiv.

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The Times (GB) /

Missbrauch ist Tür und Tor geöffnet

The Times hält den Vorstoß der britischen Gleichstellungsministerin für verfehlt:

„Der Vorschlag der Regierung bedeutet eine radikale Umschreibung unseres Verständnisses von Identität: Nun handelt es sich um einen innersten Kern - wenn man so will, die Seele. Frau oder Mann zu sein, spielt sich nur noch im Kopf ab. Wer würde es in dieser Stimmungslage noch wagen, einen bärtigen Mann, der in einer Damenumkleide seinen Penis zeigt, anzugehen? Angesichts dieses Vorschlags haben einige Feministinnen ebenso wie ein paar ältere Transgender Alarm geschlagen, die fürchten, dass die Kulanz zerstört wird, die sie sich hart erarbeitet haben.“

The Evening Standard (GB) /

Großer Schritt nach vorne

Evening Standard begrüßt hingegen den Vorschlag zur Vereinfachung der Geschlechtsidentifikation:

„Das Wichtigste ist, dass er den Prozess entpathologisiert. Das bedeutet, dass eine Transgender-Identität keine geistige Krankheit ist. ... Es fällt leicht, die Thematik auf Absurditäten zu reduzieren: Was, wenn Dutzende Hells Angels, die mit ihren haarigen Hintern wegen Gewaltverbrechen im Gefängnis sind, sich plötzlich als Doris oder Petunia identifizieren und sich in ein Frauengefängnis verlegen lassen wollen? ... Das sagt nicht viel darüber aus, wie das vorgeschlagene Gesetz das Leben der Mehrheit der Transgender beeinflussen wird - nämlich derjenigen, die sich nicht aus einer Laune heraus anders identifizieren. Diskussionen um Geschlechtertrennung auf Toiletten lenken von der Ernsthaftigkeit des Themas ab.“