Österreichische Soldaten im Rahmen eines European Union Force-Einsatzes in Bosnien-Herzegowina. (© picture alliance/AP Photo/Kemal Softica)

  Europäische Verteidigungspolitik

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Fast die ganze letzte Woche wurde in Litauen nach einer laut Zeugenaussagen aus Belarus eingedrungenen großen Drohne gesucht. Gefunden wurde sie just auf einem Truppenübungsplatz tief im Landesinnern. Militär und Behörden hatten während der Suche bezweifelt, ob es überhaupt eine Drohne war – und nicht ein Vogelschwarm oder eine Wolke. Die Medien finden das skandalös.

Auf ihrem Gipfel in Den Haag haben die Nato-Mitgliedsstaaten beschlossen, ihre Militärausgaben mittelfristig auf fünf Prozent des BIP zu erhöhen. Das entspricht einer Forderung von US-Präsident Trump, der sich umgekehrt klar zur gegenseitigen Beistandsverpflichtung nach Artikel 5 des Nato-Vertrags bekannte. Der Ukraine-Krieg war diesmal nur ein Randthema. Die Meinungen darüber, was die wiedergefundene Einigkeit wert ist, gehen stark auseinander.

Am Dienstag und Mittwoch treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten in Den Haag. Als wichtigsten Beschluss sollen sich alle Bündnispartner dazu verpflichten, fünf Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben – 3,5 Prozent für Waffen und Soldaten plus 1,5 Prozent für Infrastruktur mit militärischer Bedeutung. Welche Signale von dem Gipfel ausgehen könnten, debattiert Europas Presse.

Angesichts der latenten Bedrohung durch Russland haben die Nato-Verteidigungsminister am Donnerstag neue Fähigkeitsziele beschlossen. Die Details bleiben geheim, klar ist jedoch, dass sie eine deutliche Aufrüstung bedeuten. US-Verteidigungsminister Hegseth sagte, eine Einigung darüber, dass die Nato-Mitglieder künftig die von Washington geforderten fünf statt zwei Prozent ihres BIP für Rüstung ausgeben sollen, sei greifbar.

Das schwedische Friedensforschungsinstitut Sipri hat für das Jahr 2024 weltweit um 9,4 Prozent höhere Militärausgaben festgestellt. Aufgrund des Ukrainekriegs lagen sie in Europa - einschließlich Russland - sogar um 17 Prozent höher als 2023 und summierten sich auf 693 Milliarden Dollar. Neben Sold, Einsatzkosten und Waffenbeschaffung werden dabei auch Investitionen in Forschung und Entwicklung mitgezählt.

Radikaler Kurswechsel in Spanien: Premierminister Pedro Sánchez will noch im laufenden Jahr den Verteidigungshaushalt um zehn Milliarden Euro erhöhen und so das Nato-Ziel von zwei Prozent des BIP erreichen. Das Aufrüstungsvorhaben soll ohne Zustimmung seiner linken Koalitionspartner und des Parlaments durchgesetzt werden. Insbesondere Letzteres stößt bei Kommentatoren auf Kritik.

Angesichts der kriselnden Partnerschaft mit den USA sucht die EU nach neuen Wegen, ihre Verteidigung zu stärken. Eine Möglichkeit: die Türkei mit ihrer starken Armee und Rüstungsindustrie. Nato-Chef Rutte soll den EU-Staaten bereits mehr Kooperation mit Erdoğan nahegelegt haben. Dieser bringt umgekehrt immer wieder einen baldigen EU-Beitritt ins Spiel, den er als "strategische Prioriät" bezeichnet. Deutet sich da ein ganz großer Deal an?

Französischer Atomschutzschirm für Europa, “Koalition der Willigen” mit Frankreich und Großbritannien an der Spitze, etliche Gipfel zur globalen Lage in Paris: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron scheint mit forschen Debattenvorstößen und Einladungsdiplomatie die Rolle der treibenden Führungskraft in Europa anzustreben. Kommentatoren fragen sich, was das für den Kontinent bedeutet.

Angesichts einer möglichen Bedrohung durch Russland und weniger Unterstützung aus den USA diskutiert Europa erneut über mehr Investitionen in seine Verteidigung. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will dafür die EU-Schuldenregeln aufweichen. Derweil hat Dänemark angekündigt, seine Verteidigungsausgaben auf mehr als drei Prozent seines BIP hochzuschrauben. Das Gros der Kommentatoren begrüßt diese Richtung.

Estlands Premierminister Kristen Michal will die Verteidigungsausgaben seines Landes auf fünf Prozent des BIP erhöhen, wie US-Präsident Trump es von allen Nato-Staaten fordert. Mit den bisher geplanten 3,7 Prozent ab 2026 gehört Estland bereits jetzt zu den Spitzenreitern in diesem Bereich. Kommentatoren debattieren, ob das Fünf-Prozent-Ziel sinnvoll ist und wie es erreicht werden könnte.