Schikaniert Russland seine Jugendlichen?

In Russland wird aktuell gegen mehrere Jugendliche verhandelt. Ihnen wird vorgeworfen, eine extremistische Bewegung mitgegründet zu haben. Richter lehnten die Haftentlassung der erst 18-jährigen Anna Pawlikowa erneut ab. Russische Kommentatoren halten die Häufung solcher Auswüchse der Justiz, bei denen Internet-Nutzer sogar für das Teilen von Posts verhaftet werden, für System.

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Echo Moskwy (RU) /

Jegliches Aufmucken verboten

Anhand des Verfahrens gegen Pawlikowa entlarvt Echo Moskwy die staatliche Unterdrückung:

„[Kremlsprecher] Peskow sagte, der Kreml verfolge diesen Fall. Das wissen wir auch ohne Peskow, der Kreml verfolgt ja immer alles. Und wenn dann jemand ein paar Jahre Haft bekommt, zuckt der Kreml mit den Schultern und blökt, da könne man nichts machen, das sei eben die Entscheidung eines höchst gerechten russischen Gerichts. Das heutige Putin-Russland in Kurzbeschreibung: Ein Provokateur denkt sich einen Fall aus, dann gibt's Verhaftungen, dann Urteile. Protestieren verboten. ... Verhaftungen und Prozesse für Reposts, Likes und Fotos: Du hast ein Foto von der Eröffnung eines Antifaschismus-Museums in Polen geteilt? Schon kommen sie dich holen: 'Warum ist auf dem Foto ein Hakenkreuz?'“

Radio Kommersant FM (RU) /

Die Auswüchse der Verfolgung sind gewollt

Der übertriebene Ermittlungseifer lokaler Behörden wird zwar offiziell aus Moskau kritisiert, doch unter der Hand gefördert oder zumindest bewusst geduldet, schlussfolgert Radio Kommersant FM:

„Die Fälle werden nicht weniger, sondern täglich mehr. ... Warum? Man könnte alles auf die Beschränktheit provinzieller Beamter schieben, auf lokale Übertreibungen. In Moskau und Petersburg gibt es deutlich weniger solcher Fälle. Doch wenn Beamte es vor Ort übertreiben, dann müsste sich die Zentrale doch einmischen, Handbücher schicken und dieses Fließband an Ermittlungsverfahren stoppen. ... Duma-Abgeordnete haben versucht, eine Strafmilderung für Reposts durchzubringen. Es hat nicht geklappt. ... Das heißt, diese Verfahren sind nötig. In der Tat, denn sonst glauben die Menschen ja plötzlich, man darf alles - dabei muss man sie doch im Zaum halten.“