Heftige Proteste auf Lesbos: Wie reagiert Athen?

Im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos leben derzeit über 19.500 Menschen, ausgelegt ist es für 2840. Hunderte von ihnen marschierten am Montag und Dienstag in die Inselhauptstadt Mytilini und verlangten ihre Verlegung aufs Festland.

Alle Zitate öffnen/schließen
Protagon.gr (GR) /

NGOs werden zum Sündenbock

Am Dienstag hat das Parlament in Athen beschlossen, dass Nichtregierungsorganisationen, die sich mit der Situation von Asylsuchenden beschäftigen, künftig schärfer kontrolliert werden sollen. Diese werden zu Unrecht für die Proteste verantwortlich gemacht, meint Protagon:

„Für die Vorfälle sind die schrecklichen Lebensbedingungen, die schlechte Planung und der Inhalt des Abkommens der EU mit der Türkei verantwortlich, was die Rückführung [in die Türkei] erschwert oder unmöglich macht. Es ist offensichtlich, dass es für die Inseln keine Erleichterung gibt, ohne dass die Menschen auf das gesamte Land verteilt werden. Manche behaupten, dass die unmenschlichen Bedingungen auf den Inseln als Abschreckung dienen für diejenigen, die an der türkischen Küste sind und daran denken, ins Boot zu steigen. ... Wenn sich diese Situation jedoch fortsetzt, werden wir irgendwann beginnen, Leichen zu zählen.“

Efimerida ton Syntakton (GR) /

Perverse Abschreckungstaktik funktioniert nicht

Diese Proteste sind eine Warnung, schreibt Efimerida ton Syntakton:

„Wenn die Regierung nicht ihre Denkweise und ihre Taktik ändert, werden die Dinge bald außer Kontrolle geraten. Und niemand kann dann behaupten, dass er es nicht wusste ... Die Machthaber müssen so schnell wie möglich erkennen, dass die Taktik 'Lass sie uns mal [in den überfüllten Lagern] stapeln, damit ihr Leben zur Hölle wird und andere nicht kommen' nicht funktioniert und auf den Inseln nur explosive Bedingungen schafft.“

To Vima (GR) /

Regierung muss dringend auf lokale Behörden hören

Das Problem hat sich in eine tickende Zeitbombe verwandelt, schreibt To Vima:

„Je nachdem, wie die Inselbewohner nun reagieren, könnte die Situation völlig aus dem Ruder laufen. ... Dass diese Ereignisse in Gebieten von großer Bedeutung an der Ostgrenze des Landes geschehen, macht das Problem noch größer. … Die Regierung steht nun in der Pflicht, den Appellen der örtlichen Behörden nachzukommen, die angekündigten Pläne rasch voranzutreiben, und ähnliche Reaktionen anderswo zu antizipieren. Abschiebungen, Umsiedlungen [in andere EU-Länder], Rückführungen und sonstige angemessene rechtliche Maßnahmen sollten mit der gebotenen Sorgfalt und Aufmerksamkeit umgesetzt werden. Das Risiko ist größer, als es derzeit dargestellt wird.“