Türkische Menschenrechtslage unter Beobachtung

Der Europarat hat die Türkei erstmals seit 13 Jahren wieder unter volle Bobachtung gestellt. Zwei Berichterstatter werden künftig regelmäßig in das Land fahren und die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten überprüfen. Ankaras zunehmend autoritärere Politik hat dazu geführt, meinen oppositionelle türkische Medien. Die regierungsnahe Presse erkennt andere Hintergründe der Entscheidung.

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Sözcü (TR) /

Wir werden aus Europa rausgeschmissen

Die Türkei bekommt nun die Quittung für ihre Politik der vergangenen Jahre, meint die kemalistische Tageszeitung Sözcü:

„Wer von einem Präsidenten fordert, dass er gleichzeitig Gesetz, Gericht, Polizei und Wächter - Legislative, Exekutive und Judikative in einer Person ist -, der hat die Türkei ruiniert. Man kann nicht pro Europa sein und gleichzeitig den Arabern nacheifern. Beide können nicht zusammenleben. Man kann nicht zugleich für Rechtsstaatlichkeit und für ein absolutes Staatsoberhaupt sein. Beides gleichzeitig geht nicht. Man kann nicht für Kopenhagen sein und dabei Katar bewundern. Beides zusammen läuft nicht. Derjenige, der eine panislamistische Weltsicht vertritt und derjenige, der sich als muslimischer Demokrat bezeichnet, diese beiden können nicht miteinander tanzen. Die Masken sind gefallen, der Maskenball ist vorbei! Wir werden aus Europa rausgeschmissen.“

Akşam (TR) /

Das Abendland hat ausgedient

Dass der Europarat die Menschenrechtssituation in der Türkei beobachten will, zeugt von skandalöser Bevormundung, schimpft die regierungsnahe Tageszeitung Akşam:

„Europa ist derzeit der kranke Mann. Es hat seine Werte komplett verloren und bleibt dennoch arrogant. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats und die EU sind keine Zivilisationsprojekte mehr, sondern zu Instrumenten der Bevormundung geworden. Sie sind wütend, weil die Türkei regional und national eine immer eigenständigere Politik geschaffen hat. Insbesondere als wir am 16. April unsere größte Fußfessel loswurden, wurden sie wahnsinnig. Es ist an der Zeit, sich von diesen Bevormundungsmechanismen zu befreien. ... Wir müssen auch endlich aufhören, uns als Teil des Abendlandes zu verstehen. Wir müssen Vielfalt in unsere Partnerschaften bringen und unser Potential erkennen. ... Dieser Beschluss ist Müll. Wir sind auf dem richtigen Weg.“