Portugal: Nationalfeiertag ohne Bürger

Am Samstag feiert Portugal den Tag der Freiheit: Nach der Nelkenrevolution 1974, die das Ende der Diktatur António de Oliveira Salazars brachte, wurde der 25. April zum Nationalfeiertag. Die Portugiesen müssen wegen der Pandemie dieses Jahr zu Hause bleiben, die Abgeordneten aber wollen in kleiner Runde mit 100 Personen im Parlament feiern. Legitim oder völlig unpassend?

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Observador (PT) /

Heuchlerische Zeremonie

Der Schriftsteller João Morgado kritisiert in Observador die Entscheidung des Parlaments:

„Man hat mir beigebracht, dass der 25. April für die Zeit der Freiheit gegenüber einem diktatorischen Regime stand, und dass er ein Motiv war, um die Werte der Freiheit und Solidarität zwischen allen zu feiern. Aber das scheint unseren Politikern wenig wert zu sein. ... Im selben Raum, in dem der Notstand entschieden wurde, der es dem Volk verwehrt, auf Beerdigungen von Familienangehörigen zu gehen, Geschäfte zu öffnen um das täglich Brot zu verdienen oder auf die Straße zu gehen, um Alten zu helfen, wird nun eine offizielle Zeremonie für fundamental gehalten - alle schön nah beieinander, um dieselben Diskurse wie immer zu recyceln. Die Wahrheit ist, dass sie dem Land ein schlechtes Beispiel geben, mit einem starken Geruch von Heuchelei.“

Público (PT) /

Startschuss für Rückkehr zur Normalität

Público findet es legitim, dass die Repräsentanten des Volkes den Feiertag im kleinen Kreis für alle begehen:

„Warum sollte diese Feier mit den erforderlichen Gesundheitsschutzmaßnahmen nicht im Herzen der Republik mit ihren eigenen Ritualen stattfinden? Darum geht es doch in der repräsentativen Demokratie. Der Ton der Diskussion um die Zeremonie des 25. Aprils zeigt, dass die Demokratie immer wieder neu erlernt und bestätigt werden muss. ... Darüber hinaus wird die Feier etwa eine Woche vor dem Ende der voraussichtlich letzten Ausnahmeperiode stattfinden. ... Auch wenn indirekt, werden uns die Abgeordneten damit zeigen, wie wir mit unserer derzeit größten Frage umgehen sollten: Wie können wir wieder ein Leben führen, das wie eine Rückkehr zur Normalität aussieht.“