Kriegsvergehen in Afghanistan: Australien packt aus

Soldaten einer australischen Eliteeinheit haben in Afghanistan mutmaßliche Kriegsverbrechen begangen. Eine Untersuchung ergab, dass sie mindestens 39 Zivilisten und Gefangene in den Jahren 2009 bis 2013 "unrechtmäßig getötet" haben. Der Oberbefehlshaber der australischen Streitkräfte, General Angus Campbell, kündigte eine strafrechtliche Verfolgung der Taten an. Europas Presse reagiert erschüttert.

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Naftemporiki (GR) /

Ein Praktikum zum Töten

Der Bericht prangert eine "egozentrische Kriegerkultur" in der Einheit an. Naftemporiki beschreibt, was das ist und welche Auswirkungen es hatte:

„Im Bericht ist von Fällen die Rede, in denen neue Patrouillenmitglieder angeblich gezwungen wurden, Gefangene zu erschießen, um ihren ersten Mord zu begehen; eine schreckliche Praxis, die als blooding bezeichnet wird. Blutvergießen, um töten zu lernen. Sie praktizierten Mord wegen mangelnder Kontrolle über die 'Kriegerkultur'. Was ist das? Mangel an Empathie, absolute Unfähigkeit, etwas für andere Menschen zu empfinden? Was ist diese Kultur der Krieger, die auch in den sozialen Medien eine durchschlagende Präsenz zeigt? ... Entmenschlichung ist der erste Schritt in Richtung Gräueltaten.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Vielleicht sogar ein Fall für Den Haag

Immerhin ist das Verhal­ten der austra­li­schen Regie­rung vorbild­lich, lobt die Frankfurter Allgemeine Zeitung:

„Die Taten, die austra­li­sche Solda­ten in Afgha­ni­stan verübt haben sollen, sind aller­dings auch von erschre­cken­der Grau­sam­keit. ... Wenn manche Taten dann noch, wie es im Falle der Austra­li­er offen­bar der Fall war, eine Art Aufnah­me­ri­tu­al für neue Mitglie­der der Truppe waren, müssen kriti­sche Fragen an die mili­tä­ri­sche und poli­ti­sche Führung der Streit­kräf­te gestellt werden. Mehr noch: hier liegt unter Umstän­den sogar ein Fall für Den Haag vor. Armeen dürfen, schon gar nicht in Demo­kra­ti­en, kein Eigen­le­ben führen. ... Nur gut, dass die austra­li­sche Demo­kra­tie offen­bar stark genug ist, die bruta­len Wahr­hei­ten aus Afgha­ni­stan ans Licht zu brin­gen.“