Österreich: Wenn Abschiebungen aufwühlen

Trotz breiter Proteste sind in der Nacht zum Donnerstag drei Familien von Österreich nach Georgien und Armenien abgeschoben worden. Freunde, Lehrer, Aktivisten und Politiker mehrerer Parteien hatten sich besonders für eine der betroffenen Familien eingesetzt und für ein Bleiberecht einer zwölfjährige Gymnasiastin plädiert, die in Österreich geboren ist.

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Die Presse (AT) /

Nicht alle haben Anrecht, zu bleiben

Menschen ohne Asylgrund müssten schneller abgeschoben werden, findet Die Presse:

„Auf Gerichtsurteile allein, so wird von linker Seite dieser Tage eingewandt, dürfe man sich in dem Fall nicht verlassen. Wer aber, wenn nicht die Gerichte, sollen in einem Rechtsstaat entscheiden, ob jemand bleiben darf? Politiker nach einem Gnadenrecht? Wer sympathisch aussieht und medial unterstützt wird, darf dann bleiben, der andere hat Pech gehabt? Das wäre Willkür, nicht Rechtsstaat. ... Die Lehre, die der Staat aus diesem Fall ziehen kann, ist ... keine wirklich neue: nämlich in aussichtslosen Fällen schneller abzuschieben und Verfahren zu straffen. ... Der Staat muss Zeit und Mittel aufbieten, das Recht sorgfältig anzuwenden. Er darf sich aber auch nicht von Menschen ohne Asylgrund so lang vorführen lassen, bis jeder bleiben darf.“

Wiener Zeitung (AT) /

Ein Dilemma für den Staat

Die richtige Balance zwischen Rechtsumsetzung und Menschlichkeit zu finden, ist schwierig, meint die Wiener Zeitung:

„Rechtlich ist die Sache eindeutig. Die Asylanträge der Familien wurden in zahlreichen Instanzen abgelehnt; den Versuchen der Behörden, die Gerichtsentscheidungen durchzusetzen, entzogen sich die Betroffenen über Jahre. Die Befürworter einer humanitären Lösung führen das Wohl der Kinder an, die teils hier geboren sind. Die Betonung des Kinderwohls hätte als rechtliches Schlupfloch dienen können - für den humanitären Einzelfall eine gangbare Lösung. Bei der Rechtsdurchsetzung muss ein Staat aber die möglichen Folgen einer Entscheidung berücksichtigen. ... Aktivisten muss das nicht berühren, für sie zählt das Einzelschicksal. ... In diesem Konflikt zwischen 'Recht muss Recht bleiben' gegen 'es geht um Schicksale' gibt es keine einfache Lösung.“