Bereitet sich die Türkei auf einen Krieg vor?

Die Töne aus Ankara werden immer harscher: Nachbar Griechenland rüste einige Ägäis-Inseln völkerrechtswidrig auf. Präsident Erdoğan warnte vergangene Woche im Rahmen einer großen Militärübung vor ernsthaften Konsequenzen. Athen weist türkische Gebietsansprüche zurück, versucht jedoch eine Eskalation zu vermeiden. Kommentatoren aus den betroffenen Ländern evaluieren die Spannungen.

Alle Zitate öffnen/schließen
Liberal (GR) /

Die türkische Gesellschaft wird aufgehetzt

Das Webportal Liberal schreibt über die Stimmung im Nachbarland:

„Die Aussagen, die in den letzten Tagen in den türkischen Medien gemacht wurden, sind unglaublich. Das fängt bei den Initiatoren der 'Blauen Heimat' an, die ernsthaft behaupten, dass Griechenland türkische Inseln besetzt hat, und geht bis zu denjenigen, die ihre Regierung auffordern zwei, drei Inseln anzugreifen. ... Um es den Griechen zu zeigen! …. Wir wollen darauf hinweisen, dass in unserem Nachbarland ein Klima kultiviert wird, das mit mathematischer Präzision zu Konflikten führt. Ab einem bestimmten Punkt wird es praktisch unmöglich sein, den Weg des gesunden Menschenverstands zu wählen, da die türkische Öffentlichkeit dies als 'Rückzug' wahrnehmen würde.“

Sabah (TR) /

Griechischer Ausbreitungsdrang ist das Problem

Die Griechen projizieren ihren Expansionismus auf die Türken, meint dagegen die regierungstreue Sabah:

„Das türkische und das griechische Volk sind, wenn Sie es realistisch betrachten, Völker, die sich gut kennen und deren Kultur sich ähnelt. Wir sagen immer, lasst uns miteinander reden und die Reichtümer teilen. Aber sie sagen: 'Alles gehört uns'. Wir müssen einen gemeinsamen Nenner finden und diesen ausbauen. Die Parteien müssen sich an einem Punkt einigen. Griechenland, das innerhalb von 200 Jahren um ein Dreifaches gewachsen ist, beschuldigt die Türkei des Expansionismus. Typen, die selbst keinen Platz mehr zum Ausbreiten haben, nennen uns Expansionisten.“

Kathimerini (GR) /

Jetzt kommt es auf die Kommunikation an

Der Chefredakteur von Kathimerini, Alexis Papachelas, warnt:

„Eine Eskalation zu vermeiden ist eine große Kunst. Ein falscher Schritt, eine falsche Äußerung oder Entscheidung kann eine Spirale endloser Aktionen und Gegenaktionen in Gang setzen. ... Wir sollten genau wissen, was unsere wichtigsten Partner und Verbündeten denken und planen, was sie im Falle eines Zwischenfalls tun werden. ... Es ist besser, die Wahrheit und die Grenzen der Reaktion jedes Verbündeten zu kennen, als unangenehm überrascht zu werden. ... Und natürlich müssen wir parteipolitische und persönliche Fragen für eine Weile beiseite lassen, denn ohne eine solide innenpolitische Front kommt man nicht weit. Wir müssen einige elementare Kommunikationskanäle mit der anderen Seite offen halten.“

Proto Thema (GR) /

Erdoğan zu allem fähig

Der türkische Präsident ist unter Druck und das ist gefährlich, warnt Proto Thema:

„Wer kann schon sagen, ob Erdoğan - um seinen Problemen im In- und Ausland zu entkommen, wo er Gefahr läuft, isoliert zu werden und im Hinblick auf die Wahlen - nicht einen heißen Zwischenfall in der Ägäis wagen wird? Dient diese tägliche Eskalation nur dazu, sein Ansehen im eigenen Land zu erhöhen, oder gibt es einen anderen Plan für eine Machtdemonstration? ... Die Abkehr von der diplomatischen Sprache und den internationalen Normen für akzeptables Verhalten sowie die Schließung der Kommunikationskanäle sind erbärmlich, aber auch ein Weckruf für uns, der uns zeigt, wozu Erdoğan in seiner Verzweiflung fähig ist.“

Protagon (GR) /

Die Situation kann außer Kontrolle geraten

Protagon fürchtet eine Eskalation im Sommer:

„Die Türken haben beschlossen, den Status quo in der Ägäis aktiv in Frage zu stellen. Der Schauplatz der Konfrontation wird nicht das östliche Mittelmeer sein, Dutzende von Meilen von Kreta und Kastelorizo entfernt, sondern die Ägäis, wo Kriegsschiffsbewegungen und Luftkämpfe auf allen Inseln sichtbar sind. ... Es könnte zu neuen Spannungen wie mit [dem Forschungsschiff] 'Oruç Reis' (Sommer-Herbst 2020) kommen, während die Flotten der Nato und Russlands aufgrund des Krieges in der Ukraine ebenfalls in der Ägäis navigieren. Kann eine solche Krise kontrolliert werden? Die Antwort ist einfach: Bis zu einem gewissen Grad. Denn das, was Ankara ankündigt, birgt die sehr ernste Gefahr eines Unfalls.“