Parteitag der Tories: Wird Sunak zum Populisten?
Der britische Premier Rishi Sunak hat beim Parteitag der Konservativen am Mittwoch eine Aufweichung der Klimaziele, einen stärkeren Kampf gegen illegale Einwanderung und Erleichterungen für Autofahrer versprochen. Hingegen wird das Bahn-Hochgeschwindigkeitsprojekt HS2 abgebrochen und nur bis Birmingham gebaut. In den Umfragen liegen die Tories derzeit klar hinter Labour. Kann so die Trendwende gelingen?
Nichts für Frauen
Wenn die Tories nur für Männer Politik machen, haben sie schlechte Karten, weiß The Times:
„Sunak hat bisher fast nichts bei Themen getan, die Frauen wichtig sind. Stattdessen versucht er, bei Autofanatikern zu punkten, einer überwiegend männlichen Gruppe, indem er Geschwindigkeitsbeschränkungen beklagt und verspricht, für Pkw zu kämpfen. Nur drei Prozent der Wähler glauben, dass die Konservativen Frauen nahe sind, während 32 Prozent der Meinung sind, dass Labour deren Anliegen versteht. ... Wenn die Tories glauben, dass sie dank der Stimmen einer Armee alter Opas Wahlen gewinnen können, machen sie sich etwas vor.“
Kulturkrieger gewinnen keine Wahl
Sunak hat keine Antworten auf die wirklich wichtigen Fragen, moniert Financial Times:
„Es entsteht der Eindruck einer Partei, die zum Rechtspopulismus tendiert und in einen Kulturkrieg gegen die politische Korrektheit zieht, anstatt glaubwürdige Lösungen für die grundlegenden Probleme zu bieten, mit denen das Vereinigte Königreich heute konfrontiert ist. Es sollte darum gehen, wie Investitionen beschleunigt, die Produktivität gesteigert und die Klimawende genutzt werden kann, um das schwache Wachstum anzukurbeln. ... Nach 13 Jahren an der Macht scheinen die Konservativen verzweifelt nach Möglichkeiten zu suchen, ihre Amtszeit um weitere fünf Jahre zu verlängern. Was in dieser nächsten Periode erreicht werden soll, muss Sunak aber erst überzeugend darlegen.“
Sunak begeistert niemanden mehr
El País sieht einen Stern verglühen:
„Sunak hat beschlossen, sich als den Mann neu zu erfinden, der dem 'falschen Konsens' trotzt und mutige Entscheidungen trifft. Es zeichnet sich eine besorgniserregende Hinwendung zu populistischen Positionen am reaktionärsten Rand ab. Er droht damit, sich über die internationale Gesetzgebung hinwegzusetzen, um Abschiebungen und Haft für irreguläre Einwanderer durchzusetzen; er hat viele Zusagen im Kampf gegen den Klimawandel zurückgenommen; er verspricht Härte bei der Verbrechensbekämpfung und hat sich auf den Kulturkampf gegen die Transgender-Bewegung oder die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit eingeschossen. Nicht einmal das Brexit-Banner hilft diesem Kandidaten, der weder bei Mitgliedern noch bei konservativen Wählern Enthusiasmus hervorruft.“
Bruch mit Partei-Promis
Die angekündigte Streichung der Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsstrecke HS2 analysiert De Telegraaf:
„Die Konservativen liegen in den Umfragen weit zurück. Es bleibt wenig Zeit bis zu den Wahlen, die wahrscheinlich im nächsten Herbst stattfinden. Angesichts der hohen Inflation, des niedrigen Wachstums und des anhaltenden Zustroms von Migranten musste etwas anderes her, um zu zeigen, dass die Partei in der Lage ist, für Veränderung zu sorgen. Sunak zeigt, dass er radikal mit den prominenten Persönlichkeiten in seiner Partei brechen will. Das HS2-Projekt wurde in den letzten zehn Jahren von völlig unterschiedlichen Persönlichkeiten wie David Cameron, Theresa May und Boris Johnson vorangetrieben.“