Athen bittet vergeblich um Zahlungsaufschub

Athen hat beim IWF laut Medienberichten einen Aufschub weiterer Kreditrückzahlungen beantragt. Währungsfonds-Chefin Christine Lagarde lehnte dies am Donnerstag zum Auftakt der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank in Washington als "unpassend" ab. Wenn der Schuldenstreit zum Grexit führt, ist die gesamte EU am Ende, mahnen einige Kommentatoren. Andere sehen Europas letzte Chance in einem radikalen Umbau der Eurozone.

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Corriere della Sera (IT) /

Auf Grexit folgt Untergang der gesamten EU

Nach der Absage der IWF-Chefin an eine Stundung der griechischen Kreditzahlungen haben Europas Börsen am Donnerstag bedeutend nachgegeben. Die Anleger stellen sich auf den Grexit ein, mahnt die liberal-konservative Tageszeitung Corriere della Sera und warnt vor dessen Folgen: "Ein Grexit würde die Spannungen innerhalb der Eurozone noch verschärfen. Er würde den gesamten Integrationsprozess gefährden. All diejenigen würden unterstützt, die die Skepsis gegenüber den bürokratischen europäischen Institutionen nutzen, um gegen den Euro ins Feld zu ziehen und in einigen Fällen sogar die Auflösung der EU fordern: angefangen bei Podemos in Spanien über Syriza bis zur Alternative für Deutschland, von der Lega Nord in Italien zur Ukip in Großbritannien. ... Das Gespenst des Grexit ist in den Augen einer breiten Masse von Euroskeptikern nicht nur dienlich, die Bürokratie der Union anzufechten, sondern den Sinn ihres politischen Projekts insgesamt zu leugnen."

Club Z (BG) /

Europa setzt auf Tsipras' Rücktritt

Wenn Athen keine neuen Kredite erhält, ist Premier Alexis Tsipras gezwungen, Renten und Löhne zu kürzen, meint Journalist Vesselin Jelev im liberal-konservativen Nachrichtenportal Club Z und vermutet, dass auch die anderen EU-Mitglieder darüber genau Bescheid wissen: "Wenn sich die Griechen zwischen Renten- und Lohnkürzungen und dem Erhalt der Regierung entscheiden müssten, ist klar, dass sie sich für eine neue Regierung entscheiden würden, die die Renten und Löhne nicht kürzt. Das kann aber nur eine Regierung sein, die das Vertrauen der internationalen Geldgeber hat. Tsipras hat dieses Vertrauen verspielt. Ich glaube, dass die Strategie Europas nicht darin besteht, Griechenland aus der Eurozone zu schmeißen, sondern die Griechen dazu zu bringen, Tsipras rauszuschmeißen. Wenn sie es nicht tun, kann die Eurozone immer noch getrost auf Griechenland verzichten."

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Währungsunion jetzt auflösen

Dass ein Grexit die Probleme der Eurozone lösen könnte, ist für die linksliberale Tageszeitung Süddeutsche Zeitung höchst zweifelhaft. Sie schlägt hingegen eine radikalere Lösung vor: "An den Ungleichgewichten [innerhalb der Eurozone] könnte auf Dauer allenfalls eine Art europäischer Wirtschaftsregierung etwas ändern, die mit enormem Budget über weit höhere Transferleistungen verfügen würde, als sie Deutschland seit der Einheit erlebte. Dieser Weg ist politisch versperrt. Noch viel mehr Macht für Brüssel? Das würden die Bürger Europas nicht akzeptieren. ... Die Währungsunion entzweit die Europäer. Beleidigungen fliegen hin und her, das politische Klima hat sich abgekühlt. Und Deutschland zieht, als oberster Euro-Zuchtmeister, Unmut auf sich wie kein anderer, obwohl es in bester Absicht handelt. So sollte langsam jene Option in den Blick geraten, die bisher aus verständlichen Gründen ignoriert wurde: eine Auflösung der Währungsunion oder zumindest eine Verkleinerung auf eine Gruppe homogenerer Staaten. Aus Sorge um Europa."