Wie steht es um Polens öffentlichen Rundfunk?

Kritiker im In- und Ausland beschuldigen die nationalkonservative polnische Regierung, die öffentlichen Medien durch verschiedene Umbaumaßnahmen zu einem Propagandainstrument degradiert zu haben. Ist der Vorwurf berechtigt? Hierzu zwei Stimmen aus Polen:

Alle Zitate öffnen/schließen
Gazeta Wyborcza (PL) /

Jeden Abend nur gute Nachrichten

Besorgt um den Zustand der öffentlichen Medien zeigt sich die liberale Gazeta Wyborcza und verdeutlicht dies, indem sie mit ironischem Unterton eine der letzten Sendungen der Hauptnachrichten analysiert:

„Erst haben die Zuschauer erfahren, dass es Polens Wirtschaft endlich besser gehen wird - und zwar durch den Entwicklungsplan von Vizepremier Morawiecki. Sie haben auch erfahren, dass Polen überhaupt nicht in Trümmern liegt, wie viele immer sagen. ... Die Regierung werde sich um eine gute Konjunktur für die Firmen bemühen, hieß es auch. ... Und zum Schluss noch eine gute Nachricht für Otto Normalverbraucher: Der Vizepremier versicherte, dass der Durchschnittspole in 15 Jahren so viel wie seine Kollegen im vermögenden Westen der EU verdient.“

Gość Niedzielny (PL) /

Berichterstattung hat sich verbessert

Dass die Berichterstattung ausgewogener ist als zuvor, glaubt dagegen Bogumił Łoziński vom katholischen Nachrichtenmagazin Gość Niedzielny:

„Ich habe Material der Hauptnachrichten am 28. Januar analysiert - also zu dem Zeitpunkt, als der Sender noch von der Führungsriege geführt wurde, die mit der PO sympathisiert hat. ... An diesem Tag kamen vier Politiker und drei Juristen zu Wort, die den Vorschlag [zum Umbau der Staatsanwaltschaft] negativ beurteilten, drei Politiker waren hingegen dafür. Folglich war die Zahl der Kritiker in dem Bericht mehr als doppelt so groß wie die der Befürworter. ... In einem Bericht vom 11. Februar - also nachdem die PiS dort die Führung übernommen hat - ging es ums Kindergeld. ... Der Autor des Beitrags unterstützte die Regierung [war also für das Kindergeld]. Doch er ließ nicht nur vier Stimmen zu Wort kommen, mit denen er sympathisierte, sondern auch drei Stimmen, deren Meinung er nicht teilte.“