Spanien: Prozess gegen Generalstaatsanwalt
In Madrid steht Generalstaatsanwalt Álvaro García Ortiz selbst vor dem Obersten Gericht. Ihm wird vorgeworfen, den Medien eine E-Mail zugespielt zu haben, die Alberto González Amador, den Lebenspartner der Ministerpräsidentin der Region Madrid, Isabel Díaz Ayuso (PP), belastet. Es geht dabei um Steuerbetrug. Hinter der Anklage steht der Verdacht, der 2022 von der Sánchez-Regierung ernannte García Ortiz habe sein Amt genutzt, um einem Gegner der Regierungspartei PSOE zu schaden.
Manipulation durch den Regierungschef
ABC macht Pedro Sánchez verantwortlich:
„Das Szenario ist für eine europäische Demokratie ungewöhnlich. Es resultiert aus dem Verhalten von jemandem, der nicht den Anstand hatte, zurückzutreten. Eine Demütigung für die gesamte Staatsanwaltschaft. ... García Ortiz hat sich verdächtig gemacht: Er forderte dringend die Akte von González Amador an, spielte sie sogleich einem Radiosender zu, und als er dann seine Anklage kommen sah, löschte er Nachrichten und E-Mails. ... So ein Verhalten erwartet man nicht von einem Generalstaatsanwalt. ... Letztlich ist nicht García Ortiz verantwortlich für sein unerhörtes Verbleiben im Amt, sondern der, dem er dient: der Premier. ... Pedro Sánchez hat gezeigt, dass er hemmungslos Menschen zu seinen Gunsten manipuliert und ausnutzt.“
Politisches und institutionelles Erdbeben
El Periódico de Catalunya wirft der Regierung Missachtung der Gewaltenteilung vor:
„Erstmals in der Geschichte unserer Demokratie sitzt ein Generalstaatsanwalt auf der Anklagebank. Ein beispielloser Fall, der die Spitze der Staatsanwaltschaft in den Mittelpunkt eines politischen und institutionellen Erdbebens stellt, das die Regierung selbst, indem sie an García Ortiz festhält, verschärft hat. ... Die Regierung hat den Fall als parteipolitische Verfolgung bezeichnet, dabei öffentliches Interesse mit persönlichem Interesse verwechselt und die Gewaltenteilung missachtet. Deshalb ist der Fall nicht nur ein Strafprozess, sondern eine beispiellose Bewährungsprobe für die Institutionen.“
Eine Katastrophe für das Ansehen der Justiz
Die stellvertretende Chefredakteurin von La Vanguardia, Lola García, findet den Vorgang eklatant:
„Der Fall mag nebensächlich erscheinen. Schließlich veröffentlichen wir Journalisten jeden Tag geleakte Informationen, auch von Richtern und Staatsanwälten. ... Daraus sollten wir aber nicht schließen, dass die Anschuldigungen gegen den Generalstaatsanwalt etwas Banales sind. ... Die Offenlegung von Daten einer Person ist ernst, und das gilt umso mehr für eine so hohe Institution. ... Aber in diesem Prozess fließen viele politische Interessen zusammen. ... Der Oberste Gerichtshof steht vor einer Herausforderung. Egal, ob es zu einer Verurteilung oder einem Freispruch kommt, das Ergebnis ist in jedem Fall eine Katastrophe für das Ansehen der Justiz als Ganzes.“