Prag: Babiš löst Interessenkonflikt und wird Premier
Der Weg für Andrej Babiš ist frei, Regierungschef in Tschechien zu werden. Präsident Petr Pavel wird ihn am Dienstag zum Premier ernennen. Zuvor hatte der Multimilliardär öffentlich angekündigt, sich von seinem Unternehmen Agrofert trennen zu wollen, um den bestehenden Interessenkonflikt zu lösen. Pavel hatte das zur Vorbedingung für die Ernennung gemacht. Die tschechische Presse ordnet ein.
Demokratie kann aufatmen
Lidové noviny begrüßt die Entscheidung von Babiš:
„Das ist ein Paukenschlag! Die Politik triumphiert über das Geschäft. Babiš verzichtet auf Agrofert. Das haben wohl nur wenige erwartet. Andrej Babiš hat beschlossen, sein Imperium einem unabhängigen Verwalter zu übergeben, damit weder er noch seine Familie daraus Gewinn ziehen – sie können es zwar erben, aber zu Lebzeiten des Gründers ist das gesamte Vermögen für sie unzugänglich. ... Das ist ein großer Sieg für den Rechtsstaat, für die allgemein verständlichen Regeln der Demokratie und nicht zuletzt für Petr Pavel. Es kann mit gutem Grund angenommen werden, dass Babiš ohne dessen unbeugsame Haltung versucht hätte, das Gesetz über Interessenkonflikte irgendwie zu 'untergraben'. ... Die tschechische Demokratie kann aufatmen.“
Macht statt Geld
Info.cz kommentiert:
„Bei der Entscheidung zwischen Macht und Geld wählte Babiš letztlich das Erstere. Mit diesem Schritt trennen sich der Vorsitzende der ANO-Bewegung und seine Familie vollständig von Agrofert und werden auch nach Babiš’ Ausscheiden aus der Politik keine wirtschaftlichen Vorteile mehr daraus ziehen. ... Obwohl bei ähnlichen Transaktionen der Teufel im Detail stecken mag, ist es eher unwahrscheinlich, dass Babiš in diesem Fall irgendwelche Tricks oder Schlupflöcher konstruiert hat, um seinen Einfluss auf das Unternehmen zu wahren.“
Bloß ein weiterer Trick?
Forum24 traut dem Ganzen nicht:
„Sollen wir tatsächlich glauben, dass Babiš sein Milliardenvermögen als eine Art persönliches Opfer auf dem Altar des Vaterlandes niedergelegt hat? Das Ganze wirkt absurd und sollte daher nicht bei einem einzigen Auftritt bleiben. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, wie der betreffende Fonds mit Babiš abrechnen und weiter mit Agrofert umgehen wird. Babiš schreckt nicht davor zurück, sein Vermögen mit Tricks und Geheimklauseln zu schützen. ... Und noch eine Frage ist zu beantworten: Wird der tschechische Staat weiterhin von Agrofert die unrechtmäßig bezogenen [200 Mio. Euro] Subventionen zurückfordern?“