Kroatische Regierung zerbrochen

Nach nur fünf Monaten ist in Kroatien die Regierung zerbrochen. Die konservative HDZ entzog dem parteilosen Premier Tihomir Orešković am Freitag das Vertrauen. Hintergrund sind ein Streit zwischen der HDZ und ihrem Juniorpartner Most und Korruptionsvorwürfe gegen HDZ-Chef Tomislav Karamarko. Für Kommentatoren kommt das Ende nicht überraschend.

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Novi list (HR) /

Wir können das Ende kaum erwarten

Endlich zerfällt diese Regierung, freut sich die kroatische Tageszeitung Novi list:

„Diese Regierung wurde durch Unzucht gezeugt und war von vornherein zum Untergang verurteilt. Politik ist keine Quantenphysik. Doch diese kroatische Regierung verdient eine Untersuchung im Schweizer Cern-Institut, denn sie hat sich bis auf ihre Elementarteilchen aufgelöst. Wie nun das Ende dieses absurden sechsmonatigen Theaterstücks aussieht, ist vollkommen bedeutungslos. … Ob nun die Abberufung von [HDZ-Chef] Karamarko folgt, der Rücktritt von [dem parteilosen Premier] Orešković oder [Most-Chef] Petrov, der Austausch von allen dreien oder ein individueller oder ein kollektiver Selbstmord - es ist egal, denn am Ende werden wir zum Gottesteilchen gelangen: den Neuwahlen. Von daher ist das alles kein Drama, die Schmierenkomödie dauert einfach noch ein bisschen länger. Aber wir halten das jetzt gerne aus, in freudiger Erwartung ihres letzten Atemzugs.“

Večer (SI) /

Nur Neuwahlen können Kroatien retten

Auch das Zögern von Premier Tihomir Orešković hat dazu beigetragen, dass dessen Regierung nun zerbrochen ist, analysiert die slowenische Tageszeitung Večer:

„Orešković hat seine beiden Stellvertreter, Tomislav Karamarko von der HDZ und Božo Petrov von Most, vergeblich auf einen Kaffee geschickt, damit diese ihren Streit beilegen. Als dies also nicht gelang, hat er am Donnerstag die Kabinettssitzung abgesagt und am Freitag, anstatt selbst zurückzutreten, lieber seine Stellvertreter zum Rücktritt aufgefordert. Damit hat Orešković endlich nicht auf andere gehört, sondern allein gehandelt - doch zu spät. Petrov hat klargemacht, er würde nur zurücktreten, wenn das gut für Kroatien wäre. Karamarko wiederum hat Orešković nur spitz geantwortet, dass dieser nicht mehr die Unterstützung der HDZ genieße. Chaos? Der einzige Ausweg sind Neuwahlen.“

Der Standard (AT) /

Most hat Wahlversprechen gehalten

Lob für den kleineren Koalitionspartner, die 2012 gegründete Partei Most, kommt von der österreichischen Zeitung Der Standard:

„Most ist ihren Wahlversprechen und Werten treu geblieben, während die HDZ das alte verdeckte Spiel weiterführte. Die konservative Partei hatte in den vergangenen Wochen Most nur als lästiges Anhängsel betrachtet und versucht, sie an die Wand zu drängen. So richtig gelungen ist das aber nicht. Im Gegenteil: HDZ-Chef Tomislav Karamarko, der sich gern als der größte aller Patrioten darstellt, hat sein wahres Gesicht gezeigt - und in diesem war nur 'Machterhalt' zu lesen. Und [Most-Chef] Petrov - mag das auch das Ende seiner Karriere sein - hat dem alten Strippenzieher das Spieglein vor die Nase gehalten.“

Dnevnik (SI) /

Neuwahlen wären die beste Lösung

Aus der verfahrenen Situation, in der die kroatische Regierung jetzt steckt, können nur Neuwahlen sie herausführen, glaubt die ehemalige kroatische Regierungschefin Jadranka Kosor in Dnevnik:

„Die fairste, beste und wirksamste Lösung für dieses unmögliche, bisher nie dagewesene, politische Chaos wären Neuwahlen. Es ist interessant, dass diese weder von den Linken noch von den Rechten gefordert werden. Der frühere Premier und jetzige Oppositionschef Zoran Milanović ist von der Idee wenig begeistert, weil er die Qualen der aktuellen Regierung noch zu sehr genießt. Die Regierung wiederum gibt nicht auf, drischt leeres Stroh und verliert sich in Einzelheiten. ... Kroatien braucht politische Führer, die klare Standpunkte haben, entschlossen und mutig sind.“

Večernji list (HR) /

Juniorpartner untergräbt Autorität der HDZ

Mit der Forderung nach einem Rücktritt Karamarkos binnen weniger Tage, demontiert Most die konservative Traditionspartei HDZ, schimpft Vecernji list:

„Was für eine Absurdität: Über den Chef der Partei, die die Wahlen gewonnen hat, entscheidet eine Truppe, die dreimal weniger Stimmen bekommen hat. Nie hat die HDZ so eine Erniedrigung erfahren müssen, nie ist ihre historische Autorität mehr ins Wanken geraten. Diese Partei hat Kroatien im Krieg zum Sieg geführt und hat 18 Jahre lang dieses Land geführt, das seit 26 Jahren existiert. Und nun wird diese Partei zum Ziel von bedeutungslosen, provinziellen Machtbesessenen ohne Namen, ohne Biografien, ohne politische Identität, ohne Wissen und ohne irgendwelche Fähigkeiten, die sie berechtigen, an der Führung dieses Landes mitzuwirken.“

Jutarnji list (HR) /

Most muss Neuwahl riskieren

Die Reformpartei hat keine andere Wahl mehr als Karamarko loszuwerden, glaubt Jutarnji list:

„Die politische Demontage von Tomislav Karamarko würde den Zusammenbruch der Regierung bedeuten und zu vorgezogenen Neuwahlen führen. Selbst wenn sie erst für den Herbst angesetzt würden, kämen sie für die jetzigen Regierungsparteien zu früh. Sie würden nur den Sozialdemokraten zu Gute kommen. ... Die politische Machtlosigkeit der Regierung hat schon rekordverdächtige Züge angenommen. Most hat aber begriffen, dass sie ihre Strategie ändern müssen, denn ihre Regierungsbeteiligung mit der HDZ kann ihren Untergang bedeuten. Karamarko von der politischen Bühne zu fegen ist nicht einfach, könnte für Most jedoch die letzte Rettung sein. Aber das wird nicht leicht, denn das politische Schwergewicht wird sich mit allen Mitteln wehren.“