Berlin: Gedenkstein für polnische NS-Opfer gesetzt
Im Berliner Regierungsviertel ist ein Gedenkort für die polnischen Opfer der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg eingeweiht worden. Er befindet sich am Ort der ehemaligen Krolloper, wo Hitler am 1. September 1939 den Angriff auf Polen verkündet hatte. Später soll an Stelle des 30 Tonnen schweren Findlings ein Deutsch-Polnisches Haus errichtet werden. Wie bewerten Medien beider Länder das Projekt?
Das Mahnmal allein genügt nicht
Der Tagesspiegel ist von der ersten Stufe des Projekts angetan, besteht aber auf dem Ausbau:
„Wer den guten Willen von Polen und Deutschen bei der Einweihung am Montag in Berlin erleben ... durfte ... , darf guten Muts sein: Das wird etwas. ... Das verbreitete Nicht-Wissen um die deutschen Verbrechen in Polen bleibt ein Hindernis für das Verstehen. Deshalb haben die Planer wohl recht: Ein Mahnmal genügt nicht. Das Informationszentrum ist nötig, der Begegnungsort ebenso. Die Erlebnisgeneration der deutschen Besatzung von 1939 bis 1945 lebt zum Großteil nicht mehr. Die nachwachsenden Generationen brauchen andere Quellen.“
Deutsche sollen für ihre Verbrechen zahlen
Das Onlineportal wPolityce.pl ist von dem neuen Gedenkort nicht überzeugt:
„Wenn die Deutschen wirklich ihre Verbrechen an den Polen aufarbeiten wollen, um die Vergebung des polnischen Volks zu erlangen, dann sollten sie Polen zuerst die ihm zustehenden Reparationen für den Zweiten Weltkrieg zahlen. Ansonsten sind alle Worte und Gesten gegenüber Polen nicht ernst zu nehmen.“
Weiter robustes Selbstbewusstsein zeigen
In Rzeczpospolita ordnet die Publizistin Estera Flieger den neuen Gedenkstein als überfälligen Schritt zu einem würdigen Mahnmal ein:
„Respekt, Eigenständigkeit und Ambitionen haben keine Parteifarben. Es gibt kein 'PiS-Polen', das den riesigen Felsbrocken für einen ebenso großen Fauxpas hält. Es gibt schlicht ein Polen, das nicht mehr die ärmere Schwester Deutschlands in Europa ist. Wir haben glücklicherweise ein anderes Selbstverständnis entwickelt. Die Deutschen haben diesen Moment verpasst, und auch nicht alle polnischen Liberalen haben das schon verstanden. ... Deshalb braucht Polen die Deutschen nicht zu bitten oder ihnen zu danken, sondern es muss ein würdiges Gedenken an die Opfer wirksam durchsetzen.“