Italienischer Journalist in türkischem Gefängnis

Schon seit dem 9. April sitzt der italienische Journalist Gabriele Del Grande in der Türkei im Gefängnis. Laut Medienberichten wurde er verhaftet, als er an der syrisch-türkischen Grenze Flüchtlinge interviewte. Rom forderte Ankara auf, den 34-Jährigen freizulassen. Bisher gibt es keine offizielle Anklage gegen Del Grande. Die italienische Presse kennt die Gründe für seine Inhaftierung.

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La Repubblica (IT) /

Erdoğan wittert überall Komplotte

Für Roberto Saviano ist die Festnahme von Gabriele Del Grande Teil einer präzisen Strategie von Erdoğan. Der Mafia-Bestsellerautor erläutert in La Repubblica:

„Für Erdoğan ist eine Presse, die nicht unter seiner Kontrolle steht, zwangsläufig eine Presse, die von jemand anderem bezahlt und somit manipuliert wird: diese zu kontrollieren und zu zensieren, ist das Recht der Staatsgewalt, um ihr Image zu schützen - so sieht es das Regime. Die Türkei entfernt sich damit nicht nur von dem Europa des Rechtsstaats, sondern schlägt einen neuen autoritären Weg ein, der bei allen populistischen Kräften der Welt droht, Schule zu machen. Nämlich zu behaupten, dass jede freie nicht mit den Behörden ausgehandelte Berichterstattung eine Attacke ist, hinter der Machtgruppen stehen, die je nach Bedarf der Westen, Juden, Freimaurer oder ein anderer eingebildeter Feind sein kann. Es gibt immer ein Komplott, mit dem man Festnahmen rechtfertigen kann: Hunderte von Journalisten, Schriftstellern und Oppositionellen zahlen in den Gefängnissen von Ankara den Preis dafür.“

Corriere della Sera (IT) /

Europa muss türkische Pressefreiheit verteidigen

Der Journalist muss umgehend freigelassen werden, fordert Corriere della Sera:

„Del Grande befasst sich seit Jahren mit dem komplexen Thema der Flüchtlingskrise im Mittelmeer. Mutig zeigte er die Opfer dieser Tragödie und die Verletzungen der Menschenrechte. 2013 drehte er einen Dokumentarfilm zum syrischen Bürgerkrieg. Aktuell arbeitete er an einer Reportage über die Situation der syrischen Flüchtlinge an der türkischen Grenze. Dass er seit Tagen ohne jegliche Begründung festgehalten wird, ist gravierend und kann unmöglich hingenommen werden. Die Meinungs- und Gedankenfreiheit steht auf dem Spiel. ... Ein großer Teil des türkischen Volkes, der nicht mit Erdoğan gleichgestellt werden kann, braucht die Solidarität Europas. Die Beziehungen dürfen nicht abgebrochen werden. Die Mobilisierung für die sofortige Freilassung Del Grandes muss mit einer starken und entschiedenen Verteidigung der Presse- und Gedankenfreiheit in der Türkei einhergehen.“