Türkei: Neue Verhaftungswelle gegen Opposition

Die türkische Regierung geht weiter gegen die Oppositionspartei CHP vor: In deren Hochburg Izmir sind am Dienstag bei einem Großeinsatz gegen die Stadtverwaltung 126 Menschen festgenommen worden. Seit der Absetzung und Inhaftierung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem İmamoğlu im März kam es zu mehreren solchen Verhaftungswellen. Kommentatoren ordnen Ankaras Vorgehen und dessen Konsequenzen ein.

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T24 (TR) /

Systematische Ausschaltung

Präsident Erdoğan will die CHP in allen Kommunen regierungsunfähig machen, kommentiert T24:

„Jeder kann jetzt sehen, dass die Operation gegen İmamoğlu am 19. März nicht nur auf die 'Ausschaltung des stärksten Konkurrenten' zielte, sondern auf die institutionelle Schwächung der wichtigsten Oppositionspartei, die mit den Kommunalwahlen 2024 begonnen hat, die Aufmerksamkeit und das Lob der Öffentlichkeit auf sich zu ziehen. Diese Operation will das Land an einen Punkt bringen, an dem Wahlen ihre Bedeutung verlieren. Die Regierung versucht, die CHP als 'korrupt' (Vorgehen gegen die Kommunen), intern zerstritten (Diskussionen rund um den Parteitag) und regierungsunfähig (Verunmöglichung von Bürgerdienstleistungen durch Kürzung kommunaler Budgets) darzustellen.“

Birgün (TR) /

Heftige Folgen für die Wirtschaft

Je weniger Demokratie, desto mehr Krise, warnt Birgün:

„Die politische Unsicherheit wirkt sich auf die Finanzmärkte aus: Der Wechselkurs steigt, die Inflation nimmt zu, die Investoren warten ab. ... Die Inflation wirkt wie eine Steuer, die Bürger mit festem Einkommen werden immer ärmer. Ausländisches Kapital zieht sich zurück, wenn es ein politisches Risiko sieht. Inländische Investoren wenden sich eher den Zinsen oder sicheren Häfen zu als der Produktion. Infolgedessen werden weniger neue Arbeitsplätze geschaffen, und bestehende Arbeitsplätze sind gefährdet. Insbesondere junge Menschen, Frauen und Personen mit niedrigem Bildungsniveau geraten in die Arbeitslosigkeitsfalle.“