Gefährdet Macron die französische Laizität?

Frankreichs Präsident Macron hat am Montag in einer Rede vor der französischen Bischofskonferenz ein angeschlagenes Verhältnis zwischen Staat und Kirche beklagt sowie zu einem stärkeren politischen Engagement der Katholiken aufgerufen. Während einige Medien dies als erfrischenden Einwurf in die politische Debatte empfinden, sehen andere Frankreichs Laizität in Gefahr.

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La Libre Belgique (BE) /

Spiritualität tut politischer Debatte gut

Lob für seine Rede erhält Macron von La Libre Belgique:

„Viele Führungspolitiker reduzieren ihre Gedanken auf einige Tweets. Emmanuel Macron hingegen versucht, die Reflexion über die gesellschaftliche Organisationsform durch die Vorstellungen der Bürger zu bereichern, insbesondere die der Katholiken. … Notwendig ist die Rede, weil sie in Zeiten von Relativismus und Nihilismus jeden Einzelnen dazu auffordert, seinen Durst nach dem Absoluten zu stillen. Dieses Bedürfnis nach Spiritualität, dieser Ruf nach mehr Seele, diese Einladung zu politischem Engagement, das auf menschlichen Werten und Solidarität basiert, ist ein begrüßenswertes Ereignis. Es stellt eine wohltuende Pause dar, die wir in der hitzigen politischen Debatte brauchen, die allzu sehr von Materialismus geprägt ist.“

Mediapart (FR) /

Präsident spielt mit dem Feuer

Macron bringt die für Frankreich fundamentale Trennung von Staat und Kirche in Gefahr, kritisiert hingegen der linke Kommunalpolitiker Samy Johsua in seinem Blog bei Mediapart:

„Dass diese derart massiv infrage gestellt wird, ist eine große Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden. ... Wir kehren hundert Jahre in die Vergangenheit zurück. … Mit dem Kapitalismus haben wir ein wirklich unmoralisches System! Ebenso mit dem Neoliberalismus und seinem Wettbewerb aller gegen alle. Dass solch ein Amoralismus durch ein wenig Weihwasser ins Gleichgewicht gebracht wird, darauf können die reaktionären Zirkel beispielsweise in den USA zählen. Aufgrund unserer Geschichte können sie das in Frankreich jedoch nicht. Stellte man, um dies zu erreichen, die Grundlagen des [Laizitäts-]Gesetzes von 1905 infrage, würde man einen Brand entfachen, dessen Ausmaß niemand vorhersehen kann.“