Griechenland: Echte Trennung von Staat und Kirche?

Der griechische Premier Tsipras und Erzbischof Hieronymos II von Athen und ganz Griechenland haben am Dienstag die Trennung von Staat und Kirche im Land verkündet. Rund 10.000 Priester und Laien werden nun aus dem Staatsdienst entlassen. Obwohl mit dem Abkommen ein langer Streit beendet werden soll, sind griechische Kommentatoren nicht zufrieden.

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To Vima (GR) /

Bisher nur ein kleiner Schritt

To Vima Online hätte sich mehr gewünscht:

„Dies ist zwar eine leichte Verbesserung gegenüber dem Status quo, aber weit entfernt von der von Syriza behaupteten Position zugunsten einer vollständigen Trennung von Staat und Kirche. Zweifellos befürwortet die große Mehrheit der Griechen den orthodoxen Glauben. In einer modernen Demokratie, in der Religionsfreiheit herrscht, darf die orthodoxe Kirche jedoch in Gesellschaft und öffentlichen Stellen keine vorherrschende Position einnehmen. Das hat man auf verschiedene Weise gezeigt, wie etwa in der Auseinandersetzung über Religionskurse an Schulen und über die privilegierte Behandlung orthodoxer Kultstätten und die große Anzahl von religiösen Ikonen an öffentlichen Orten.“

Protagon (GR) /

Beide Seiten können einen Erfolg verkaufen

Aus Sicht von Protagon hakt es insbesondere bei der klaren finanziellen Trennung von Staat und Kirche:

„Erzbischof und Premier haben sich in wirtschaftlicher Hinsicht geeinigt und können zufrieden sein. Die Kirche wird behaupten, dass sie ihre wirtschaftliche Autonomie sichere, die Regierung wird behaupten, einen Schritt in Richtung Trennung unternommen zu haben. Dies war eine ständige Forderung der Syriza-Anhänger. … Premier und Erzbischof erklärten, dass Kleriker nicht länger als Beamte bezahlt würden, sondern mithilfe eines speziellen Kontos, das von der Kirche verwaltet aber vom Staat gefüllt wird. Manch einer versucht, dies als eine Trennung von Staat und Kirche darzustellen. Theoretisch könnte es in Zukunft auch dazu kommen - wenn sich jemand [von Staatsseite] dazu entschließt, ebendieses Konto nicht mehr mit Geld zu versorgen.“