Zingaretti verleiht Italiens Linker neue Hoffnung

Nicola Zingaretti ist neuer Vorsitzender der sozialdemokratischen Partei PD in Italien. Der 53-Jährige Präsident der italienischen Region Latium und frühere EU-Abgeordnete setzte sich in einer Kampfabstimmung gegen zwei Herausforderer durch. Kann Zingaretti Italiens gebeutelten Linken neues Leben einhauchen und der populistischen Regierung in Rom etwas entgegensetzen?

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El País (ES) /

Starkes Signal gegen Populismus

Zingarettis Wahl erfüllt El País mit großer Zuversicht:

„Die vom neuen Mitte-links-Anführer geschaffene Hoffnung ist der erste Schritt zurück zu einer Politik fernab von Effekthascherei und Extremismus in einem der wichtigsten Länder Europas. Zingaretti war EU-Abgeordneter und ist sich deshalb der historischen Bedeutung Italiens beim Aufbau der europäischen Gemeinschaftsprojekts bewusst. Er versteht auch den unbestreitbaren Einfluss seines Landes auf wichtige Felder der EU-Politik wie Wirtschaft und Einwanderung. Sollte der von Zingaretti eingeschlagene Weg durch die Wahlen gestützt werden, könnte Italien eine klare Botschaft an die anderen europäischen Demokratien schicken: Kommt der Populismus einmal an die Macht, kommt er nicht weit.“

Tages-Anzeiger (CH) /

Der Hauptgegner heißt Salvini

Der neue PD-Chef steht vor einer äußerst schwierigen Aufgabe, bemerkt der Tages-Anzeiger:

„Vielleicht schafft es Zinga­retti aber, alle progressiven, europafreundlichen und grünen Kräfte im Land um sich zu scharen, wie das einst Romano Prodi mit dem Bündnis 'L’Ulivo' gelungen war. Und wenn er einen Teil der enttäuschten Cinque Stelle zu sich ziehen kann, dann wüchse er bereits in eine Hauptrolle. Viel Charisma hat er nicht, doch das hatte Prodi auch nicht und war dennoch erfolgreich. Die Frage ist nur, ob der leise Zingaretti den unheimlich populären und sehr präsenten Salvini, seinen wichtigsten Rivalen, ab und zu übertönen wird.“

Corriere della Sera (IT) /

Europawahl wird zum Prüfstein

Schon in Kürze steht Zingaretti vor seiner ersten Bewährungsprobe, erklärt Kolumnist Antonio Polito in Corriere della Sera:

„Italien ist das einzige Land der EU-Gründerstaaten, in dem eine nationalistische rechte Partei bei den kommenden Wahlen die meisten Stimmen erhalten dürfte. Und es wäre naiv zu glauben, es genüge, das Volk der Linken aus dem Tiefschlaf aufzuwecken, um zu siegen. Die Europawahlen werden in erster Linie italienische Wahlen sein: Die Bürger werden über die Wirtschaft und die bevorstehende neue Krise abstimmen, nicht über die allgemeinen Grundsätze der Europäischen Union. Bis dahin muss Zingaretti ein neues politisches Angebot vorbereitet haben, das die PD nicht nur mit den Linken, sondern auch mit dem Land in Einklang bringt. Es wird also nicht mehr ausreichen, die Fehler der Vergangenheit zu erkennen, um erfolgreich zu sein.“