Soll Irland Scheidungen erleichtern?

Die Iren stimmen am 24. Mai darüber ab, ob das Scheidungsrecht liberalisiert werden soll. Derzeit schreibt die Verfassung vor, dass verheiratete Paare vier Jahre getrennt gelebt haben müssen, bevor sie die Scheidung einreichen können. Kommentatoren streiten darüber, welche Folgen eine Liberalisierung der geltenden Regeln hätte.

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The Irish Times (IE) /

Lange Wartefrist ist familienfeindlich

Die derzeitige Rechtslage hält Menschen zu lange davon ab, ihr Glück mit einem neuen Partner zu versuchen, findet The Irish Times:

„Die schwierigste Phase für Paare, die sich trennen, ist jene, in der beide erkennen müssen, dass ihre Differenzen unüberbrückbar sind. Oft braucht einer dafür länger als der andere. Für Paare ohne Kinder ist eine lange Zeit der Trennung, bevor etwas Neues begonnen werden kann, nicht ideal. Die betroffenen Frauen könnten einen neuen Partner finden und Kinder im Rahmen der Ehe haben wollen. In diesen Fällen kann jedes einzelne Jahr einen großen Unterschied machen. Bei anderen könnte die derzeit erzwungene lange Phase der Trennung vor der Scheidung dazu führen, dass sie rechtliche Fragen nur zögerlich klären.“

Irish Independent (IE) /

Liberalisierung führt zu noch mehr Trennungen

Vor einer Vereinfachung des Scheidungsverfahrens warnt hingegen The Irish Independent:

„Eine erzwungene Phase der Reflexion mag wie ein allzu strenger Versuch wirken, jemanden noch mehr zum Nachdenken anzuregen. Doch es kann von großem Nutzen sein, einen Prozess zu verlangsamen, wenn man diesen beschleunigen will. ... Derzeit machen es viele liberale Staaten Paaren sehr leicht, sich scheiden zu lassen. In Dänemark kostet der Prozess rund 60 Euro, und das Verfahren kann innerhalb weniger Monate unterzeichnet, besiegelt und umgesetzt werden. Das mag attraktiv für jene wirken, die unter der derzeit erzwungenen Wartefrist von vier Jahren in Irland leiden. Doch man muss zur Kenntnis nehmen, dass Dänemark die höchste Scheidungsrate in Europa hat. Fast die Hälfte aller dänischen Ehen scheitert, und das kann man ja kaum als Erfolg für alle Beteiligten werten.“