Korruption: Was bedeutet die ukrainische Kehrtwende?

Nach heftigen Protesten im Inland und aus dem Ausland hat das ukrainische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das die geplante Unterstellung von Korruptionsermittlungsbehörden unter die Generalstaatsanwaltschaft zurücknimmt. Damit soll die Unabhängigkeit des Nationalen Antikorruptionsbüros und der Speziellen Antikorruptionsstaatsanwaltschaft wiederhergestellt werden. Kommentatoren sehen viel Schaden angerichtet.

Alle Zitate öffnen/schließen
The Spectator (GB) /

Parlamentarier haben an Glaubwürdigkeit verloren

The Spectator analysiert die Folgen der Kehrtwende der ukrainischen Abgeordneten:

„Was die Ukraine heute erlebte, war eine Parade der Heuchelei. Einer nach dem anderen betraten die Abgeordneten das Podium, um genau das Gesetz zu verurteilen, für das sie letzte Woche noch mit 'Ja' gestimmt hatten. ... Viele der Abgeordneten von Selenskyj, die die Gesetzentwürfe des Präsidenten bisher ohne Widerspruch verabschiedet haben, beabsichtigen, dies künftig nicht mehr zu tun. Ihr blinder Gehorsam gegenüber den Anweisungen des Präsidenten hat sie ihre Glaubwürdigkeit gekostet, und das werden sie nicht vergessen, wenn ihre Stimmen in Zukunft wieder gebraucht werden.“

Dserkalo Tyschnja (UA) /

Selenskyjs Ikonenstatus wankt

Das Renommee des ukrainischen Präsidenten hat nun deutliche Risse bekommen, stellt Dserkalo Tyschnja fest:

„All die Jahre war Selenskyj im Großen und Ganzen unantastbar für Kritik. Beiträge, die sich mit seinen Fehlern oder denen seines Umfelds auseinandersetzten, waren in internationalen Qualitätsmedien eher die Ausnahme als die Regel. Nun aber wurde dem ukrainischen Präsidenten diese Unantastbarkeit genommen. Er kann zur Verantwortung gezogen werden – bei jedem Anlass, auf den die Feinde zeigen werden und den auch die Freunde nicht mehr übersehen können.“