Rumäniens Justiz: Reform gekippt, Privilegien bleiben

Rumäniens Verfassungsgericht hat am Montag einem Gesetz, das die großen Rentenprivilegien für Richter und Staatsanwälte beseitigen sollte, eine Absage erteilt. Premier Ilie Bolojan hatte sein Amt an die Reform geknüpft – da das Urteil aber nicht inhaltlich, sondern verfahrensrechtlich begründet wurde, will er nun ein neues Gesetz einbringen. Die Zeit drängt, da von der Reform auch die Auszahlung von EU-Mitteln abhängt.

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Contributors (RO) /

Ein unbegründeter Sonderfall

Dass die Verfassungsrichter an den hohen Renten festhalten, von denen sie auch selbst profitieren, findet der Menschenrechtsaktivist Gabriel Andreescu bei Contributors dreist:

„Die Unabhängigkeit der Justiz ist ein Grundsatz, der in allen europäischen Verfassungen garantiert ist. Wenn die Unabhängigkeit der Justiz durch extravagante Gehälter geschützt werden müsste und durch eine Verrentung in einem Alter, in dem sich die Richter in der vollen Blüte ihres Berufslebens befinden, würden solche Praktiken in allen Staaten Europas zu finden sein. Doch in keiner angesehenen Demokratie finden wir ein Verhältnis von 1:10 der Durchschnittsrente zur Richterrente und auch nicht, dass sie deutlich früher als alle anderen Arbeitnehmer in Rente gehen können.“

Radio Europa Liberă (RO) /

Gesetzgebung wird schwerfälliger

Das Urteil verändert den Gesetzgebungsprozess in Rumänien erheblich, kommentiert Radio Europa Liberă:

„Künftig werden sowohl das Parlament als auch die Regierung abwarten müssen, bis die verschiedenen Institutionen zu den jeweiligen Gesetzesentwürfen ihre Stellungnahmen abgegeben haben. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sie nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechen – wie beim Gesetz über die Richterrenten, das aus verfahrensrechtlichen Gründen gekippt wurde. Mit seiner Entscheidung vom Montag hat das Verfassungsgericht seine eigene Rechtsprechung geändert: Von nun an muss der gesamte Gesetzgebungsprozess den neuen Regeln entsprechen.“

Deutsche Welle (RO) /

Zurück bleibt ein schwacher Staat

Im Rumänischen Dienst der Deutschen Welle bezweifelt man, dass sich Bolojans Vier-Parteien-Regierungskoalition noch wird lange halten können:

„Präsident Nicușor Dan und auch die Anführer der Koalitionsparteien haben dem Premier ihre Unterstützung zugesagt, doch wird die Spaltung innerhalb der Regierungskoalition immer deutlicher. Abgesehen von den Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien der Regierungskoalition gibt es jedoch auch wichtige Institutionen wie das Verfassungsgericht, die durch ihre Entscheidung zur Reform der Richterrenten das Land in einen schwachen Staat verwandeln.“