EZB gegen Kredit für Ukraine aus russischem Vermögen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat einem Zeitungsbericht zufolge Plänen, der Ukraine mit eingefrorenen russischen Geldern zu helfen, ihren Rückhalt verweigert. Sie wolle das Reparationsdarlehen nicht absichern, da das gegen EU-Vertragsrecht verstoßen könne, hieß es. Auch Belgien äußert weiter Zweifel an der Rechtssicherheit des Zugriffs. Kommentatoren fragen, was hinter der Skepsis steckt und ob es Alternativen geben könnte.

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La Stampa (IT) /

Von der Leyen sucht neue Wege

Die EU-Kommissionspräsidentin lässt nicht locker, lobt La Stampa:

„Trotz der Skepsis der Europäischen Zentralbank (EZB) und des entschiedenen Widerstands der belgischen Regierung hat Ursula von der Leyen beschlossen, den Plan zur Nutzung eingefrorener russischer Vermögenswerte weiterzuverfolgen. ... Sie hat einen Mechanismus vorgeschlagen [Reparationsdarlehen], der von den Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit gebilligt werden kann und somit mögliche Vetos umgeht. Alternativ schlug die Kommissionspräsidentin die Aufnahme gemeinsamer Schulden zur Finanzierung des Kredits an die Ukraine vor, wobei der EU-Haushalt als Sicherheit dienen soll. Dies erfordert jedoch die einstimmige Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Unmissverständliches Signal an Putin senden

Europa sollte nun endlich die eingefrorenen russischen Gelder nutzbar machen, fordert die Frankfurter Allgemeine Zeitung:

„Bundeskanzler Merz hat recht: Es geht dabei um viel mehr als nur um eine Finanzierungsfrage. Die Mobilisierung dieser Milliarden ist ein unmissverständliches Signal an Putin: dass die Europäer ihm entschlossen und geschlossen entgegentreten bei der Verteidigung ihrer Freiheit. Wer sie nicht schon in der Ukraine verteidigt, sondern lieber über Haftungsrisiken streitet, läuft Gefahr, in absehbarer Zeit auf eigenem Boden kämpfen zu müssen. Putin drohte nun ganz offen damit, nicht nur einen hybriden Krieg gegen Europa zu führen. Und wer wollte dann auf Trump zählen?“

The Economist (GB) /

Endlich strategisch denken

Europa sollte nicht länger zögern und in die eigene Tasche greifen, meint The Economist:

„Wenn Europa die eingefrorenen Vermögenswerte nicht einsetzen will oder kann, muss es bald auf seine eigenen Finanzen zurückgreifen. Das bedeutet eine gemeinsame Kreditaufnahme: Also Eurobonds, Anleihen zur strategischen Autonomie – ganz gleich, welches Etikett politisch durchsetzbar und verdaulich ist. Die Ukraine braucht eine vorhersehbare, mehrjährige Finanzierung: ein Vier- oder Fünfjahrespaket, auf das sie sich verlassen kann, um ihren Haushalt zu sanieren, Granaten herzustellen und Kraftwerke wieder aufzubauen. Der derzeitige Ansatz Europas, nur tröpfchenweise kleine Beträge bereitzustellen, ist das Gegenteil von strategisch. Er zwingt die Ukraine dazu, von einem Gebertreffen zum nächsten zu leben.“

De Morgen (BE) /

Robin-Hood-Plan muss rechtlich abgesichert sein

De Morgen hält für gerechtfertigt, dass Belgien die Freigabe von russischem Vermögen verweigert und rechtliche Garantien der EU fordert:

„Putins Sparschwein knacken: Der Robin-Hood-ähnliche Plan von Ursula von der Leyen klingt ebenso einfach wie spektakulär. Die Milliarden an eingefrorenen russischen Geldern, die Euroclear in Brüssel verwahrt, sollen zur Finanzierung des Kredits an die Ukraine verwendet werden. Aber ist es nicht ein schlechtes Zeichen, dass Wochen später immer noch kein rechtlich abgesicherter Plan vorliegt? Mit dem Finger auf das starrköpfige Belgien zu zeigen, ist zu einfach.“

Le Soir (BE) /

Belgien macht sich moralisch angreifbar

Le Soir betont, dass Belgien sich unvermittelt in Gesellschaft Ungarns und der Slowakei wiederfinden könnte:

„Sollten die Europäer am 18. und 19. Dezember, wie offenbar beabsichtigt, mit qualifizierter Mehrheit gegen Belgien für das System des Reparationsdarlehens stimmen, würde sich unser Land – vermutlich an der Seite Ungarns und der Slowakei – in jenem Lager wiederfinden, das nicht alles getan hat, um der Ukraine zu helfen und damit Europa vor einem tragischen Dominoeffekt zu schützen. Belgien würde getadelt dafür, die Garantie seiner 'kleinen Eigeninteressen' dem Überleben einer Bevölkerung vorgezogen zu haben, die seit bald vier Jahren kämpft – auch für uns.“