Präsidentschaftswahl: Chile am Scheideweg

Den ersten Durchgang der chilenischen Präsidentschaftswahl hat die Kommunistin Jeannette Jara gewonnen. Da die vier rechten Kandidaten zusammen jedoch auf mehr als zwei Drittel der Stimmen kamen, räumen Beobachter ihrem rechtspopulistischen Gegenkandidaten José Antonio Kast große Chancen bei der Stichwahl ein. Der Sohn eines deutschen Wehrmachtsoffiziers steht den spanischen Rechtspopulisten von Vox nahe.

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El País (ES) /

Zyklen enden, die Demokratie muss bleiben

El País hofft auf die Stabilität der chilenischen Demokratie:

„Seit dem sozialen Aufstand von 2019 pendelt das Land zwischen den Extremen. ... Die Wählerschaft fordert jetzt Ordnung und Gewissheiten. … Kast verspricht 'gesunden Menschenverstand' gegenüber dem, was er als exzessiven Identitätsverlust und undurchführbare Sozialpolitik [der Boric-Regierung] bezeichnet. … Sein Programm birgt aber Rückschläge bei hart erkämpften Rechten, eine Rückkehr zu autoritären Zügen und einen anti-politischen Diskurs. ... Chile hat eine klare Botschaft gesendet: Wahlen werden gewonnen und verloren, Zyklen enden. … Was nicht enden darf, ist die Überzeugung, dass Demokratie funktioniert.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Lateinamerikas Linke ist gescheitert

Die linke Welle auf dem Subkontinent flacht offensichtlich ab, stellt die Süddeutsche Zeitung fest:

„Die Gründe dafür ... sind vielfältig. Kaum einem ihrer Protagonisten ist es gelungen, die strukturellen Probleme im eigenen Land tatsächlich zu lösen. Nicht die Inflation in Argentinien, nicht die Armut in Ecuador. Andere scheiterten auch an ihrer Selbstherrlichkeit wie Morales in Bolivien oder Chavez' Nachfolger Nicolás Maduro, unter dem Venezuela zur Diktatur verkommen ist. Und kaum einer von ihnen hat eine Antwort auf eine der gegenwärtig größten Herausforderungen: die Drogenkartelle, die zunehmend die Gesellschaft in Lateinamerika durchdringen.“