Hundert Millionen für Milchbauern

Angesichts der drastisch gesunkenen Milchpreise erhalten deutsche Landwirte 100 Millionen Euro. Das kündigte die Regierung auf einem Milchgipfel am Montag an. Eine Drosselung der Produktion würde mehr helfen, meinen einige Kommentatoren. Andere fordern, mit dem Geld den Agrarsektor umzubauen.

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Deutschlandfunk (DE) /

Milchmarkt unbedingt neu gestalten

Statt Millionenhilfen zu bewilligen, müsste die Politik Mittel zur Drosselung der Produktion prüfen, schlägt der Deutschlandfunk vor:

„Denn Milch zu produzieren ist nicht das gleiche wie Autos am Fließband herzustellen. Fließbänder hält man an und schickt die Arbeiter mit Kurzarbeitergeld nach Hause. Kühe stehen weiter im Stall, sie nicht zu melken wäre Quälerei, die auf Höchstleistung getrimmte Milchproduktion lässt sich nicht mit dem Stromschalter mal eben ausknipsen, sondern nur ganz behutsam leicht reduzieren. Und Milchproduktion, das hat über Jahrhunderte unsere Kulturlandschaft geschaffen, geprägt und erhalten - unsere kleinteilige Kulturlandschaft. ... Das aktuelle Preisdesaster sollte nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa Anlass sein, genau über den Milchmarkt der Zukunft nachzudenken. Die Bürger der EU müssen genau überlegen, was sie mit ihren Steuergeldern subventionieren wollen. Die Krise auf dem Weltmilchmarkt kann es jedenfalls nicht sein.“

Berliner Zeitung (DE) /

Geld lieber in echten Kurswechsel stecken

Die Millionen vom Staat sollten in einen Umbau der Landwirtschaft gesteckt werden, fordert die Berliner Zeitung:

„Die eigentlichen Ursachen der aktuellen Krise bleiben unangetastet: Die europäische Agrarpolitik subventioniert von jeher hochtechnisierte Massenerzeugung mit zig Milliarden Euro pro Jahr, um die Landwirtschaft in den Mitgliedsländern zu päppeln. Und sie setzt im Milchsektor, aber auch in der Fleischerzeugung auf Exporte in alle Welt, um die dabei entstehenden Überschüsse zu vermarkten. ... Notwendig ist ein grundlegender Kurswechsel hin zu nachhaltigerem Wirtschaften: Wenn wir schon Milliarden ausgeben, dann bitte für eine Landwirtschaft, die von Chemie möglichst unbelastete Lebensmittel produziert, und dabei Belange des Klima- und Grundwasserschutzes, der Artenvielfalt und des Tierwohls berücksichtigt. Ein 'Weiter so' könne es nicht geben, hat Landwirtschaftsminister Schmidt am Montag gesagt. Er sollte sich beim Wort nehmen.“

Der Standard (AT) /

EU-Milch nicht nach Afrika exportieren

EU-Bauern dürfen ihre subventionierten Überschüsse keinesfalls in ärmere Weltregionen liefern, fordert Der Standard:

„Es gibt Berichte, wonach seit dem Ende der Quote mehr Milchpulver in den Ländern südlich der Sahara auftaucht. Lokale Bauern klagen, dass sie niemals preislich in Konkurrenz treten können mit dem billigen überschüssigen Milchpulver aus Europa. Für die Interessenvertreter in der EU muss klar sein, dass es auch woanders funktionierende Bauernschaften geben sollte und dass auch andere Länder Interesse an einer intakten eigenen Versorgung haben. Man kann die eigenen Überschüsse nicht in ärmeren Gegenden verramschen, ohne dort extremen Schaden anzurichten. Die EU hat 500 Millionen Verbraucher, die meisten davon Milchtrinker. Für diese zu produzieren muss vorrangiges Ziel sein. Dafür werden EU-Förderungen gezahlt, zähneknirschend, aber doch. Exportabenteuer gehören nicht dazu.“