Wer soll an Grenfell-Untersuchung teilnehmen?

Drei Monate nach dem Brand mit mindestens 80 Toten im Londoner Grenfell Tower hat eine Untersuchungskommission ihre Arbeit aufgenommen. Sie soll Versäumnisse bei Rettungseinheiten, Behörden und Baufirmen klären. An dem von Premierministerin May persönlich benannten Richter Sir Martin Moore-Bick gab es vorher viel Kritik, auch weil er keine Bewohner in sein Gremium aufnehmen wollte. Die britische Presse ist in dieser Frage ebenfalls gespalten.

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The Daily Telegraph (GB) /

Gremium muss unabhängig sein

Dass der Richter keine Opfer der Grenfell-Katastrophe in seinem Untersuchungsgremium zulassen will, hält The Daily Telegraph für richtig:

„Seitdem Sir Martin Moore-Bick ernannt wurde, war er eher Angriffen ausgesetzt als das jemand mit ihm kooperiert hätte. Er habe die falsche Hautfarbe und käme aus der falschen Schicht, um eine Tragödie zu untersuchen, die Spannungen in beiden Bereichen offenbarte. Doch Sir Martin ist genau deshalb die richtige Person für die Leitung der Untersuchung, weil er sich daran machen kann, ohne dass er das von den direkt Betroffenen verspürte Gefühl der Ungerechtigkeit und Kränkung hat. ... Ein Richter muss das Verfahren unvoreingenommen und ohne eine feste Vorstellung der Geschehnisse überwachen. Er muss neutral und distanziert sein.“

The Independent (GB) /

Anwohner müssen involviert werden

Keinerlei Verständnis für die Entscheidung des Richters der Grenfell-Untersuchung zeigt hingegen The Independent:

„Man könnte argumentieren, dass die Umstände des Feuers untersucht werden und die Anwohner bei dem Thema keine Experten sind. Aber die [Bewohnergruppe] Grenfell Action Group hatte schon im November vor der Gefahr eines Feuers gewarnt und geschrieben: 'Nur ein katastrophales Ereignis wird die Untauglichkeit und Inkompetenz unseres Vermieters enthüllen.' Diese Art akkurater Vorhersage und verständlich artikulierter Analyse gehört natürlich nicht in eine offizielle Untersuchung - damit würde man nur die Richter blamieren, die 20 Jahre brauchen, um einen 3.000-seitigen Untersuchungsbericht voll mittelalterlicher Sätze und Lateinbrocken zu formulieren.“