Trauer um rumänische Dissidentin Doina Cornea

Die rumänische Widerstandskämpferin Doina Cornea ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Bis 1989 prangerte sie in Dutzenden Protestbriefen im Sender Europa Liberă das Regime des Diktators Ceaușescu offen an. Vom Geheimdienst wurde sie verhört und geschlagen. Die Presse würdigt sie als bedeutende Dissidentin.

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Lidové noviny (CZ) /

Sie ließ sich nicht von der Angst versklaven

Nicht nur die Rumänen hätten Grund, sich an Doina Cornea zu erinnern, schreibt die frühere tschechische Dissidentin Petruška Šustrová in einem Nachruf in Lidové noviny:

„Die aus Siebenbürgen stammende Doina Cornea hat sich nie mit dem kommunistischen Regime in ihrem Land anfreunden können. Es unterdrückte ihrer Meinung nach nicht nur die Freiheit, sondern auch den Geist und das menschliche Bewusstsein. In ihren Beiträgen für Radio Europa Liberă appellierte sie an die Intellektuellen, ihre Angst zu überwinden. Sie selbst hat so gelebt, als würde sie Angst nicht kennen. Sie wollte nicht zu einer Sklavin dieses Gefühls werden. ... Nach der Revolution gegen das Ceaușescu-Regime musste sie leider schnell einsehen, dass die Sieger vielfach auch nur Kommunisten waren, sie änderten lediglich die Farbe.“

Radio Europa Liberă (RO) /

Heldin einer halbvergessenen Epoche

Doina Cornea war eindeutig eine Heldin, erinnert Radio Europa Liberă:

„Cornea hat ihr Leben riskiert, indem sie die kommunistische Propaganda auseinandernahm und in Briefen an Europa Liberă eine Diktatur durchleuchtete, in der das politische Attentat eine akzeptierte institutionelle Waffe war. ... Cornea wurde daraufhin von der Securitate [früherer rumänischer Geheimdienst] geschlagen, stand unter Hausarrest, und wenn es nicht den Druck des westlichen Auslands gegeben hätte, einschließlich der Journalisten von Europa Liberă, hätte sie vermutlich das Schicksal anderer politischer Führer ereilt, die in kommunistischen Gefängnissen getötet wurden. ... Die Opfer des damaligen Systems sind die Helden einer halbvergessenen Epoche, gegen die die heutigen Zeitgenossen wie Karikaturen erscheinen.“

Revista 22 (RO) /

Zu wenige würdigen mutige Persönlichkeit

Dass nur rund 400 Menschen zur Trauerfeier kamen, beunruhigt die Wochenzeitung Revista 22:

„Es scheint, als ob wir vergessen haben, wie das Leben in einem Land war, das ein Stacheldraht vom Rest der Welt trennte, das seine Landsleute erschoss, die versuchten, in die freie Welt zu flüchten. Es scheint die Zeit vergessen, in der Kritik am Regime die Freiheit kosten konnte. Vergessen auch der Hunger und die Dunkelheit dieser Jahre. ... Nur so erklärt sich die kleine Zahl von Menschen, die Abschied von Doina Cornea genommen haben. Ein Bild, das einen Tag vor ihrer Beerdigung auf Facebook zirkulierte, ist symbolisch: Vor ihrem Haus in Cluj waren lediglich zwei Blumentöpfe und ein Strauß zu sehen. Das also ist die Huldigung einer solch mutigen Persönlichkeit, des Gewissens der rumänischen Nation.“