Pakistan: Krawalle nach Aufhebung von Todesurteil

Der Freispruch einer wegen Gotteslästerung verurteilten Frau hat im überwiegend muslimischen Pakistan Islamisten auf die Barrikaden getrieben. Asia Bibi, eine Christin, soll sich beleidigend über Prophet Mohammed geäußert haben und wurde deshalb vor neun Jahren gemäß des umstrittenen Blasphemiegesetzes zum Tode verurteilt. Nun hob das Oberste Gericht das Urteil auf. Kommentatoren betonen die Tragweite des Falls.

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La Repubblica (IT) /

Gericht bietet Fundamentalisten die Stirn

Der Vize-Chefredakteur von La Repubblica, Gianluca Di Feo, glaubt, dass das Urteil wegweisend sein könnte:

„Dieses Urteil schafft eine Vision des Islam, die den Extremismus nicht akzeptiert und andere Religionen schützt. ... Diese Vision kollidiert mit der Realität des Landes, wo verarmte Massen zu einem fundamentalistischen Glauben erzogen werden. ... So rief unmittelbar nach dem Freispruch eine extremistische Partei die Gläubigen zur Revolte auf. ... Was in diesen Stunden in den Straßen von Karatschi und Lahore geschieht, betrifft uns direkt. Nicht, weil die Protagonistin eine Christin ist. Sondern weil die Geschichte die Schwierigkeiten zeigt, wenn es darum geht, eine moderate Lesart des Islam zu verteidigen und die Möglichkeit, die Werte einer Demokratie mit denen der muslimischen Religion zu verbinden. Eine Herausforderung, von der die nahe Zukunft des gesamten Planeten abhängt.“

Le Figaro (FR) /

Galionsfigur der namenlosen Märtyrer

Der Streit, in dem Asia Bibi Prophet Mohammed beleidigt haben soll, hat sich entzündet, weil sie als "Ungläubige" angeblich einen Brunnen für muslimische Feldarbeiterinnen verunreinigt hat. Wie die Pakistanerin zur Ikone für viele andere in muslimischen Ländern Verfolgte wird, beschreibt Le Figaro:

„Ein Glas Wasser, das einen Sturm des Hasses auslöst: Diese traurige Realität offenbart das Schicksal Asia Bibis. Gegen ihren Willen wird die mutige Heldin zur Galionsfigur der (zumeist muslimischen) Pakistaner, die wegen Blasphemie ins Gefängnis geworfen wurden, sowie der 150 Millionen Christen, die weltweit wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Von den Kindern Mossuls, die von denjenigen getötet wurden, die das Jonas-Grab gesprengt haben, bis hin zu den Gefangenen in Libyen, die von den Barbaren des Kalifats als Sklaven verkauft werden, bilden sie eine lange Reihe von anonymen Märtyrern.“