Macron nominiert Thierry Breton für EU-Kommission

Seine erste Kandidatin lehnte das Europaparlament ab, nun hat Macron einen neuen Vorschlag gemacht: Der frühere Finanzminister und heutige Manager Thierry Breton soll französischer EU-Kommissar werden. Medien aus Frankreich kritisieren, dass Breton für Firmen tätig war, die er künftig kontrollieren soll. Besteht also ein Interessenkonflikt?

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Süddeutsche Zeitung (DE) /

Trotzreaktion des französischen Präsidenten

Macrons Vorschlag kann durchaus als Provokation verstanden werden, meint die Süddeutsche Zeitung:

„Nach seinem Fiasko mit einer Kandidatin, die wegen Finanzaffären vom EU-Parlament abgelehnt wurde, schickt Emmanuel Macron einen Mann nach Brüssel, der Ethik-Puristen wie der personifizierte Interessenkonflikt vorkommt ... . Das ist trotzig und damit typisch Macron. Nebenbei treibt der Präsident Ursula von der Leyen mit ins Risiko. Der künftigen EU-Kommissionschefin hatte er schon die Schuld am Scheitern der ersten Bewerberin Sylvie Goulard gegeben. Doch für all das kann Breton nichts. Er ist ein guter Kandidat ... . Bretons vermeintliche Schwäche ist tatsächlich eine Stärke: Er weiß, wovon er spricht. Wer von einem EU-Kommissar Kompetenz erwartet, kann ihm nicht zugleich vorwerfen, dass er seine Sujets aus der Praxis kennt.“

L'Opinion (FR) /

Erwartungen an Kandidaten sind paradox

Die Öffentlichkeit weiß selbst nicht genau, was sie von politischen Amtsträgern erwartet, stöhnt L'Opinion:

„Ist es besser, eine Person für ein politisches Amt zu nominieren, die sich auf dem ihr anvertrauten Gebiet nicht auskennt, oder einen Experten in dem Bereich? ... Die öffentliche Meinung, die sich von sozialen Netzwerken und Fake News erziehen lässt, hat sich auf ein gefährliches Paradox versteift: Sie fordert von Politikern, dass sie sowohl kompetent (im Hinblick auf ihr Ressort) als auch ohne Vergangenheit (und somit in ihrem Bereich unerfahren) sind. Dieser grundlegende Konflikt zwischen Naivität und Effizienz muss eines Tages gelöst werden. Bis dahin ist jeder gelungene Wechsel zwischen Politik und realem Leben willkommen zu heißen.“