Asyl in der EU: Was bedeutet die geplante Reform?

Nach langem Streit haben sich die EU-Institutionen auf eine Reform des Asylsystems geeinigt, die in weiten Teilen eine Verschärfung bedeutet. Ankommende mit geringer Aufnahmechance sollen an der EU-Außengrenze abgefertigt und bei Ablehnung zügig abgeschoben werden. Hauptankunftsländer wie Italien oder Griechenland sollen durch einen obligatorischen Solidaritätsmechanismus entlastet werden. Europas Presse ist gespalten.

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Kurier (AT) /

Nur ein erster Versuch

Weil die Asylreform noch Lücken hat, dürfte sie von den Populisten wohl ausgeschlachtet werden, erwartet der Kurier:

„Mit dem Asylpaket bemüht sich die Politik um sachliche Lösungen: auf europäischer Ebene und nicht mit kindischen Grenze-auf-Grenze-zu-Spielchen einzelner Staaten. Es ist nur ein erster Versuch, mit Fehlern und Lücken. Die Populisten stehen bereit, um die Fehler auszuschlachten. Wer lässt sich schon gerne das Spielfeld, auf dem man so lange die Regeln bestimmt hat, wegnehmen.“

De Volkskrant (NL) /

Deal ist noch nicht viel wert

Der neue Asyl-Pakt wirft fundamentale Fragen auf, meint De Volkskrant:

„Ein totaler Mangel an Solidarität miteinander hat die europäische Asylpolitik bisher systematisch untergraben. ... Daher ist es ein Fortschritt, dass die Mitgliedsstaaten sich Mittwoch wieder einmal vorgenommen haben, es anders zu machen und das gesamte Asylsystem an den europäischen Außengrenzen zu konzentrieren. Zugleich wirft der Deal sofort fundamentale Fragen auf. Erstens: Was geschieht mit den vielen Menschen, die sich nicht an den Außengrenzen melden und einfach weiterreisen? ... Zweitens: Zum x-ten Mal nimmt die EU sich vor, Menschen in Herkunftsländer zurückzuschicken, ohne darüber erstmal definitive Absprachen mit diesen Ländern zu machen. Was ist das Vorhaben dann wert?“

Welt (DE) /

Es wird kommen wie in Australien

Die Welt wünscht sich weitere Maßnahmen über das Gemeinsame Europäische Asylsystem (Geas) hinaus:

„Geas ist nur der erste Schritt hin zu einer Drittstaatenlösung nach australischem Vorbild. Dort werden alle Flüchtlinge sofort nach Papua-Neuguinea gebracht, wo ihr Asylantrag bearbeitet wird. Nach ersten Härten macht sich mittlerweile kaum noch ein Flüchtlingsboot nach Australien auf. Und das, ohne dass Canberra gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstieße. Australien nimmt im Gegenzug Flüchtlinge auf, die ihm das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) nennt und die wirklich asylberechtigt sind. In der EU wird es zu einer ähnlichen Regelung kommen. Die meisten Mitgliedsländer sprechen sich dafür aus. ... [Auch] die Bundesregierung wird sich besinnen.“

Le Soir (BE) /

Belgien muss Vorhaben stoppen

Die EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Halbjahr sollte Belgien nutzen, um die Debatte in eine andere Richtung zu lenken, fordern 17 NGOs in einem gemeinsamen Aufruf in Le Soir:

„Nur eine gerechte und positive Vision von Migration, die das Recht auf Asyl respektiert, innereuropäische und außereuropäische Solidarität gewährleistet, Asylsuchende gerecht auf die Mitgliedsstaaten verteilt und sichere und legale Migrationswege garantiert, stellt eine echte Veränderung und eine wirklich nachhaltige Lösung für alle dar. Wir fordern Belgien daher dazu auf, die EU-Ratspräsidentschaft dafür zu nutzen, die Gespräche neu zu starten, um eine Politik zu etablieren, die auf Menschenrechten, Solidarität und Offenheit basiert.“

Deník N (CZ) /

Inhumanes Abschotten funktioniert auf Dauer nicht

Deník N hält nicht viel von dem Asylpakt:

„Die EU kauft nur Zeit, indem sie ihre Migrationspolitik verschärft. Wir werden die Migration nicht stoppen. Mit der Zeit wird sie sich eher verstärken, da immer mehr Teile der Welt immer häufiger von Dürren heimgesucht werden. In den kommenden Jahrzehnten könnten Millionen Afrikaner aufgrund des Wassermangels die Reise nach Europa antreten. Was machen wir dann? Sollen wir unsere Grenzen noch enger schließen und versuchen, unsere Menschlichkeit zu vergessen?“