Dutzende Flüchtlinge in Lkw erstickt

Die österreichische Polizei hat am Donnerstag mehr als 70 tote Flüchtlinge in einem abgestellten Lkw entdeckt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner forderte daraufhin, Asylsuchende mit Chancen auf Anerkennung legal in die EU einreisen zu lassen. So würde den Schleppern endlich die Geschäftsgrundlage entzogen, pflichten ihr Kommentatoren bei. Sie appellieren an Europas Bürger, sich in die Situation der Flüchtenden hineinzuversetzen.

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Aargauer Zeitung (CH) /

Schleppern das Geschäft vermiesen

Nach der Flüchtlingstragödie in Österreich fordert die liberale Aargauer Zeitung, Schleppern endlich die Geschäftsgrundlage zu entziehen: "Wer sich über dieses Gesindel glaubwürdig empören will, sollte aber wenigstens damit aufhören, ihm Flüchtlinge regelrecht in die Arme zu treiben. Schlepper haben nur da Erfolg, wo man legal nicht weiterkommt. ... Auf die Ladefläche eines Lastwagens mit vierschrötigem Fahrer steigt nur, wer fürchten muss, aufgegriffen und zurückgeschickt zu werden. Würde die Polizei die kriminellen Basare an den Grenzen oder vor den Hauptbahnhöfen gezielt zerschlagen, wäre ihr der Beifall der Opfer sicher. Es wäre auch schon hilfreich, an den kritischen Grenzübergangsstellen und an den Sammelpunkten der Flüchtlinge Anlaufstellen einzurichten, die Notversorgung und Auskünfte anbieten. Zurzeit wird das als Beihilfe zum illegalen Grenzübertritt kriminalisiert. Das ist unnötig und unsinnig."

Kurier (AT) /

Wahnsinnige Todesangst, das Ringen um Luft

Nach dem Fund eines Lastwagens mit Dutzenden toten Flüchtlingen ruft der liberale Kurier seine Leser auf, sich vorzustellen, wie es diesen Menschen ergangen ist: "Wie fühlte sich das an? Die Angst, die Hoffnung, die Verzweiflung. Die Erleichterung, Krieg und Todesangst zu entkommen, und gleichzeitig die Ahnung, jetzt einer anderen Gefahr entgegenzugehen. Die Erkenntnis, Menschen ausgeliefert zu sein, für die man, sobald man ihnen das letzte Geld gegeben hat, keinen Wert mehr besitzt. Wie fühlte sich das an? Die Dunkelheit, die entwürdigende Enge, der Gestank? Die Demütigung, seine Notdurft dort verrichten zu müssen, wo man steht oder kauert, gleich neben den anderen? Der Hunger, der Durst, die Hitze? Wie fühlte sich das an? Als die Luft immer weniger wurde, als niemand das verzweifelte Schreien hörte, als die Ersten starben? Die wahnsinnige Todesangst, die letzten Gedanken an die Familie, das letzte quälende Ringen um Luft? Und jetzt stellen Sie sich vor, das da auf der Ladefläche wäre Ihr Sohn oder Ihre Tochter."

Novi list (HR) /

EU fehlt Solidarität als Grundwert

Enttäuscht vom unsolidarischen Umgang der EU mit Flüchtlingen zeigt sich die linksliberale Tageszeitung Novi List: "Das Hauptproblem ist, dass die EU keine Sozialunion oder eine Union der Solidarität ist, was man gut während der Griechenlandkrise bemerken konnte, sondern eine Kapitalunion. Der slowenische Analyst Anton Bebler schrieb in der Zeitung Delo, dass Solidarität laut Lissaboner Vertrag nicht zu den Grundwerten der EU zählt - die da wären Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte und der Rechte von Minderheiten. Die Solidarität ist jedem Mitgliedsstaat selbst überlassen. Dass dessen Innenpolitik solidarisch ist, heißt nicht, dass er auch eine solidarische Außenpolitik führen muss. Die Menschen, die heutzutage an die Tore Europas klopfen, brauchen aber die europäische Solidarität. Es handelt sich mehrheitlich um Flüchtlinge, die vor Krieg und Tod fliehen, nur eine Minderheit sind Migranten die nach einem besseren Leben suchen."

Sme (SK) /

Slowakei darf Flüchtlingsdramen nicht ignorieren

Die Slowakei ist bislang kein Ziel für die Zehntausenden von Flüchtlingen, die über den Westbalkan nach Europa kommen. Doch der Todestransporter, der am Donnerstag auf der Autobahn südlich von Wien entdeckt wurde, gehörte einst einer slowakischen Firma und sollte für die Slowaken Anlass genug sein, ihre Grundeinstellung gegenüber Flüchtlingen zu überdenken, mahnt die liberale Tageszeitung Sme: "Die schreckliche Tragödie unweit unserer Grenze erinnert uns daran, dass die Flüchtlinge auch unser Problem sind. Das slowakische Logo auf dem Transporter, in dem Dutzende Menschen erstickten, ist nicht das Einzige, was die Slowakei mit der Flüchtlingskrise verbindet. ... Um uns herum spielen sich täglich solche Dramen unglaublichen Ausmaßes ab. Viele Slowaken werden sich dennoch weiter abwenden und behaupten, dass sie diese Tragödien nicht betreffen. Doch dieser Ansatz ist falsch - und selbst eine Tragödie."