Finnland lockert seine Alkoholpolitik

Finnen können ab dem kommenden Jahr Getränke mit einem Alkoholgehalt von 5,5 Prozent statt wie bisher 4,7 Prozent im Supermarkt kaufen. Auch weitere Regeln zum Alkoholkonsum werden liberalisiert. Mit den möglichen Folgen der Lockerungen beschäftigen sich finnische und estnische Kommentatoren.

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Eesti Rahvusringhääling (ERR Online) (EE) /

Finnen werden weiter nach Estland pilgern

Finnlands Alkoholproduzenten werden die Liberalisierungen kaum zu spüren bekommen, glaubt das Onlineportal des Estnischen Rundfunks:

„Der Grund, warum die finnische Regierung die traditionell konservative Alkoholpolitik lockert, ist natürlich Estland. … Im letzten Jahr haben Finnen aus dem Ausland 72 Millionen Liter Alkohol mitgebracht - was etwa dem Jahresumsatz von 145 [staatlich monopolisierten] Alko-Läden entspricht. Und zum größten Teil kam dieser Alkohol aus Estland - aus dem einfachen Grund, dass er hier sehr viel billiger ist. … Letztlich ist der Mensch gierig und will seinen Alkohol möglichst günstig bekommen. Auch mit dem neuen Gesetz muss Finnland sich mit Folgendem abfinden: Die meisten Alkoholliebhaber werden ihr Geld nach Estland tragen, die aus dem Konsum resultierenden Probleme muss jedoch die finnische Gesellschaft bewältigen.“

Helsingin Sanomat (FI) /

Finnen werden leider mehr trinken

Einen Anstieg des Alkoholkonsums mit all seinen negativen Folgen befürchtet Helsingin Sanomat:

„Die starken Biere werden mittelstarke Biere sicherlich zu einem gewissen Teil ablösen. Das hängt vom Preisunterschied zwischen den starken und weniger starken Bieren ab. Die Großverbraucher von Alkohol sind geschickt darin auszurechnen, wo sie am meisten für ihr Geld bekommen. Im selben Maße, in dem das starke Bier das mittelstarke verdrängt, nimmt der Gesamtkonsum von Alkohol zu. Dies wirkt sich wiederum negativ auf die Volksgesundheit aus. Laut der finnischen Gesundheitsbehörde THL verursachen die Folgen des Alkoholkonsums jährliche Kosten in Höhe von mehreren Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Einsparungen bei der gesamten Reform des Gesundheits- und Sozialsystems werden, so die Hoffnung, in Zukunft bei rund drei Milliarden Euro jährlich liegen.“

Aamulehti (FI) /

Die Jugend ist vernünftig genug

Weitaus optimistischer sieht Aamulehti die Liberalisierung des Alkoholgesetzes:

„Von den Veränderungen profitieren allerlei Unternehmen: Geschäfte, Brauereien, Restaurants, Bars, Veranstalter und spezialisierte Bauernhöfe. ... Nun bleibt nur zu hoffen, dass die junge Generation, die bereits in vieler Hinsicht einen gesunderen Lebensstil als die ältere pflegt, sich trotz der Euphorie über die Liberalisierung kontrollieren kann. Die Statistiken legen nahe, dass dem so sein wird. … Aber spätestens, wenn die Liberalisierung zu einem Anstieg der gesundheitlichen und gesellschaftlichen Probleme führt, müssen die Politiker bereit sein, in die Bekämpfung der alkoholverursachten Schäden zu investieren.“