US-Zölle: EU bekommt nochmals Zeit
Im Handelsstreit mit der EU hat US-Präsident Trump die angedrohte Einführung hoher Zölle vom 9. Juli auf den 1. August verschoben. Ein Sprecher von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sagte, bei der Ausarbeitung eines Zollabkommens sei man am "Anfang der Schlussphase". Zahlreiche andere Länder erhielten von Trump jedoch bereits Briefe, die Zölle in Höhe von 25 bis 40 Prozent auf deren Exportwaren ab August ankündigen.
Auf verlorenem Posten
Die Fristverlängerung ist für die EU nicht zwingend eine gute Nachricht, schreibt das Handelsblatt:
„Denn der Aufschub bedeutet drei weitere Wochen der Unsicherheit, die Unternehmen lähmen, Investitionen hemmen und Finanzmarktakteure verunsichern. Und was die anstehenden Verhandlungen angeht, wird es für die Europäer nicht einfacher. Im Gegenteil: Die Europäische Union befindet sich auf ziemlich verlorenem Posten. Einerseits kann Trump seit dem Big-Bill-Coup – jenem Mega-Haushaltsgesetz, das einer präsidialen Selbstermächtigung der Exekutive gleicht – vor Kraft kaum laufen. Andererseits sind die Europäer zerstritten wie eh und je, was die Verhandlungsstrategie und sogar das Verhandlungsziel betrifft.“
Partner oder Vasallen?
El Periódico de Catalunya glaubt nicht, dass die EU bis August noch viel erreichen wird:
„Europa hat wieder einmal Angst. Es ist an die schützende Hand des großen Bruders gewöhnt und der Abgrund, an den uns Trump geführt hat, ist schwindelerregend. Einige EU-Länder würden gerne glauben, dass es sich nur um eine vorübergehende Episode handelt. ... Aber der Zollkrieg, der noch lange nicht vorbei ist, hat schon jetzt die Produktions- und Lieferketten auseinandergerissen. ... Europa wird kaum mehr als das kleinere Übel erreichen. ... Und ob Trump uns als Partner behandeln oder als Vasallen betrachten wird, ist noch unklar.“
Züchtigung bis zur Unterwerfung
Fairness ist seitens der USA jetzt Fehlanzeige, schreibt Corriere del Ticino:
„Südkorea und Japan, zwei der wichtigsten Verbündeten Washingtons in Ostasien, wurden mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent 'gezüchtigt', die, sofern Trump nicht in letzter Minute einen Rückzieher macht, im August in Kraft treten werden ... So erweist sich der Slogan 'Make America great again' immer mehr als Bedrohung für verschiedene Staaten, auch für die des Alten Kontinents. Es scheint immer offensichtlicher, dass die 'neu gefundene amerikanische Größe' zu einem großen Teil aus einer Art Unterwerfung der meisten anderen Länder der Welt unter die Wünsche Washingtons resultieren soll, die sich in Trumps Augen eines Handelsbilanzüberschusses gegenüber den USA schuldig gemacht haben.“
Trump verprellt wichtige Verbündete
Dass Trump Alliierte in Asien ins Visier nimmt, versteht The Daily Telegraph nicht:
„Wenn China der bedeutendste geopolitische Gegner der USA ist, dann sind Japan und Südkorea zweifellos die beiden wichtigsten Verbündeten in Ostasien. Diese beiden Länder müssen unbedingt bei der Stange gehalten werden, wenn es darum geht, den chinesischen Drachen zu bändigen. Es ergibt wenig Sinn, Unmut zu erzeugen, der dann viele Jahre lang anhält. ... Außerdem wird Unsicherheit geschaffen. ... Die ständige Drohung willkürlicher Zölle lastet auf globalen Konzernen, verlangsamt Entscheidungen, schreckt Investitionen ab und erschwert die Umsetzung von Plänen. All das ist schlecht für das Wachstum.“
Aber bitte alles ohne Mehrkosten!
Dass Trump der eigenen Wirtschaft den Preis für seine Zollpolitik aufbürden möchte, findet Új Szó aberwitzig:
„In den sozialen Medien forderte Trump ein Privatunternehmen [Walmart] ohne Zögern auf, den durch die Abgaben verursachten Preisaufschlag nicht auf die Verbraucher abzuwälzen, sondern ihn zu schlucken! ... Es ist ironisch, dass ein Politiker, der vor dem Sozialismus Angst schürt, selbst ein Preisdiktat einführt. Dies geschieht nicht zum ersten Mal. Die US-Autohersteller haben eine ähnliche Warnung erhalten – sie sollen die Preise nicht erhöhen, sonst gebe es Probleme. ... Das ist Trumps Vorstellung vom freien Markt: Er will, dass die Wölfe der Zollpolitik satt werden, aber auch die amerikanischen Verbraucher (als Schafe) verschont bleiben.“