Waffen für die Ukraine: Warum schwenkt Trump um?

Letzte Woche stoppte das Pentagon Waffenlieferungen an die Ukraine. Dies hat Donald Trump nun rückgängig gemacht – und lässt Berichten zufolge prüfen, ob noch ein zusätzliches Patriot-Raketenabwehrsystem geliefert werden kann. Außerdem ging er Wladimir Putin heftig an: Dieser tische "eine Menge Blödsinn" auf, während er "zu viele Menschen" töte. Europas Presse analysiert den jüngsten Stimmungswandel im Weißen Haus.

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NV (UA) /

Kurskorrektur unter Druck

Politologe Serhij Taran analysiert in einem von NV übernommenen Facebook-Post:

„Bei Trump sollte man besser konkrete Taten abwarten, bevor man endgültige Schlüsse zieht, aber die Sondererklärung des Pentagons deutet darauf hin, dass Trump seinen inneren Rubikon tatsächlich überschritten hat. ... Dabei haben ihm mehrere Faktoren geholfen: 1. Eine für die Ukraine günstige öffentliche Meinung in den USA. 2. Die Lobby-Arbeit der klassischen Republikaner, die stets sagten, dass man mit Russland aus der Position der Stärke sprechen muss. 3. Die Notwendigkeit, der Welt zu zeigen, dass Trump nicht nur gegenüber dem Iran Stärke demonstrieren kann. ... Auch Journalisten spielten eine nicht unwesentliche Rolle, indem sie Trump mit unangenehmen Fragen über seine Zuneigung zu Putin unter Druck setzten.“

Rzeczpospolita (PL) /

Europa zur Mitverantwortung erzogen

Möglicherweise ging es nicht anders, als mit dem Ende der Waffenhilfe zu drohen, mutmaßt Rzeczpospolita:

„Vielleicht ist Trump einfach zu dem Schluss gekommen, dass ein Krieg, in dem sich die Ukrainer nur dank US-Unterstützung gegen ein stärkeres Russland verteidigen können, auf Dauer keinen Sinn ergibt. ... Mit seinen chaotisch anmutenden Schritten will er Europa dazu bringen, sich stärker zu engagieren. Dabei geht es nicht nur darum, ab und zu eine Kiste Munition oder einen Raketenwerfer über den Dnipro zu schicken, sondern darum, die europäische Sicherheitsarchitektur neu zu gestalten. Und so wie die Europäer gezwungen waren, in Reaktion auf Trumps 'Härte' ihre Hausaufgaben mit Blick auf ihre eigene Verteidigung zu machen, werden sie auch diese Lektion lernen müssen.“

The Economist (GB) /

Seine Sprunghaftigkeit bleibt ein Risiko

Auch The Economist freut sich, mahnt aber:

„Es zeigt sich einmal mehr, dass selbst Trumps Leute seine Kursänderungen nicht vorhersehen können. 'America First' bedeutet, was Trump sagt, nicht, was seine Ideologen und Fans denken. ... Seine Entscheidung ist ein Sieg für den gesunden Menschenverstand. Die Ukraine hat in den letzten Wochen einige der heftigsten Drohnen- und Raketenangriffe seit Beginn der russischen Invasion vor drei Jahren erlebt. Die Einstellung der US-Hilfe, insbesondere mit Patriot- und anderen Luftabwehrraketen, wäre ein Freifahrtschein und eine Belohnung für die Aggression Russlands gewesen. Doch wäre es unklug anzunehmen, dass Trump sich nun ernsthaft für die Anliegen der Ukraine engagiert.“

Radio Kommersant FM (RU) /

Washington zieht gegenüber Moskau die Schrauben an

Radio Kommersant FM konstatiert eine Veränderung in der US-Haltung gegenüber Russland und der Ukraine:

„Es gibt die Meinung, dass diese ganzen Erklärungen über den Mangel an Raketen und Granaten nur ein Rauchvorhang sind. Nicht auszuschließen ist, dass sich im Endeffekt Kellogg, Selenskyj und die Europäer auf eine neue Formel für die Aufrüstung der Ukraine einigen. ... Das Signal für eine ernsthafte Veränderung der amerikanischen Position wäre die erneute Beteiligung des Pentagons am Ramstein-Format. Wie dem auch sei, Trumps Haltung gegenüber Russland verändert sich in Richtung Verschärfung. Das zu verneinen, hätte keinen Sinn.“

TVNet (LV) /

Nur einer profitiert von diesem Führungsstil

TVNet analysiert:

„Wenn Entscheidungen nach einem Anruf getroffen und nach dem anderen wieder aufgehoben werden, befinden sich Verbündete – insbesondere diejenigen, die auf die USA als wichtigsten Sicherheitsgaranten vertrauen – in keiner beneidenswerten Lage. Darüber hinaus ist noch unklar, wie sich die US-Militärhilfepolitik in Zukunft entwickeln wird, da Trump weder zusätzliche Mittel bereitgestellt noch ein neues Hilfsprogramm aufgelegt hat – er hat lediglich den Fehler seiner Regierung rückgängig gemacht. Nur ein Akteur profitiert von diesem Führungsstil: Wladimir Putin. Er muss seine Zielsetzungen nicht ändern, sondern lediglich den Signalen aus Washington folgen und auf den nächsten Kurswechsel warten.“