Hätte die NPD verboten werden müssen?

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die rechtsextreme NPD nicht verboten. Damit scheiterten die Bundesländer mit ihrem Antrag. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass es der Partei derzeit an Gewicht fehle, um die demokratische Grundordnung Deutschlands zu gefährden. Einige Journalisten können dieser Argumentation folgen, andere halten das Urteil für falsch.

Alle Zitate öffnen/schließen
Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Ungefährliche Splitterpartei

Die NPD hat zu wenig Gewicht, als dass ihr Verbot gerechtfertigt wäre, stimmt die Neue Zürcher Zeitung dem Urteil zu:

„[E]in so schwerwiegender Eingriff des Staates wie ein Parteiverbot ist nur zu rechtfertigen, wenn er verhältnismässig ist. Und diese Verhältnismässigkeit ist im Fall des vom Bundesrat geforderten NPD-Verbots nicht gegeben. Denn von der Splitterpartei geht derzeit nicht wirklich eine Gefahr aus, dass sie ihre verfassungsfeindlichen Ziele tatsächlich umsetzen kann. Die Einschätzung durch die Verfassungsrichter ist richtig. Die NPD ist seit Jahren im Niedergang. Sie hat heute nicht einmal mehr 6.000 Mitglieder. Mandate hat sie nur noch auf kommunaler Ebene, vor allem im Osten Deutschlands. ... Die abscheuliche Gesinnung einer Partei allein muss mit anderen Worten auf einer anderen als der verfassungsrechtlichen Bühne bekämpft werden. Diese Bühne ist die Politik.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Keine wehrhafte sondern naive Demokratie

Karlsruhe hat einen Fehler gemacht, indem es die NPD als unbedeutend abgetan hat, kritisiert die Süddeutsche Zeitung:

„Würde die NPD bei Wahlen die Prozente erreichen, die derzeit die AfD erreicht - die Richter hätten sie wohl verboten. Für die Richter ist ein Verbot aufgrund Verfassungswidrigkeit eine Frage der Zahl: Es zählen Wahlergebnisse, es zählt nicht der Wille der Partei, Grundordnung und Grundwerte zu beseitigen; es zählt nur, ob sie auch die realistische Möglichkeit hat, dieses Ziel zu erreichen. Eine solche Zählung ist falsch: Eine Demokratie, die sich erst wehrt, wenn es hochgefährlich wird, ist keine wehrhafte, sondern eine naive Demokratie. ... Die NPD hätte verboten werden können und müssen - nicht, obwohl sie derzeit klein und bei Wahlen unbedeutend ist, sondern gerade deswegen. ... Karlsruhe hätte am Beispiel der kleinen NPD sagen können: Da wird eine Linie weit überschritten. Das wäre nicht etwa lächerlich gewesen, sondern gerade in Zeiten des aggressiven Rechtspopulismus notwendig und vorbildlich.“