Spekulationen über Putins Schnupfen

Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow hat bestätigt, dass Wladimir Putin erkältet sei. Daraus sind erneut Spekulationen über eine mögliche schwerere Erkrankung des Präsidenten entstanden. Kommentatoren finden solche Mutmaßungen verständlich, denn autoritäre Führerfiguren sind offiziell niemals wirklich krank.

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Republic (RU) /

Kreml-Rhetorik macht misstrauisch

Dass Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow Putins Erkältung bestätigt hat, macht Investigativ-Journalist Oleg Kashin in Republic misstrauisch:

„Das ist ungewöhnlich, denn über die Gesundheit des Staatschefs sprechen Amtspersonen der Putin-Ära eigentlich nicht. Dieses Thema existiert nicht - und jetzt plötzlich reden sie. Wozu? Dmitrij Peskow ist auch kein einfacher Fall: Wir kennen ihn ja schon lange und wissen, dass man seine Aussagen nie wörtlich nehmen darf. Man kann sogar einen kleinen Sprachführer zusammenstellen: 'Das ist keine Frage an den Kreml' heißt 'der Kreml ist in Panik', 'ich bin nicht im Bilde' bedeutet 'alle im Kreml verfolgen das gebannten Blickes' und 'die Medienberichte bedürfen einer Überprüfung' entspricht 'in Wirklichkeit ist alles noch viel schlimmer als es in den Zeitungen steht' usw. Und wenn nun plötzlich Peskow sagt, Putin sei krank - was mag er wohl gemeint haben?“

Wedomosti (RU) /

Ein Vater der Nation schwächelt nie

Dass selbst alltägliche Gebrechen von Landesvätern kaschiert werden, hält Vedomosti für ein Merkmal autoritär geführter Länder:

„Seine Gesundheit wird zum sakralen Wert und zur Garantie der Stabilität des Staates und des Systems. Objektive Informationen über die Gesundheit der Führerfigur bleiben den Bürgern vorenthalten. Der Staat versucht sie durch Bilder zu ersetzen, die die große körperliche Fitness des Chefs untermauern. Das rituelle Eisbad, der zur Schau gestellte nackte Oberkörper, das Eishockeyspielen und Tauchen nach Amphoren im Meer sollen die Mitmenschen von der Gesundheit des Anführers und der Unerschütterlichkeit seiner Macht überzeugen. Russland ist da nicht allein: Denken wir an Mao Zedong, der mit 73 Jahren den Jangtse durchschwamm, an Hugo Chavez, der Gymnastik im Live-TV machte und an den Skilanglauf und die Eishockeykämpfe von Alexander Lukaschenko.“