ORF will Tweets von Journalisten zensieren

Journalisten des österreichischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks sollen künftig auf Kommentare in sozialen Medien verzichten, "die als Zustimmung, Ablehnung oder Wertung von Äußerungen, Sympathie, Antipathie, Kritik und 'Polemik' gegenüber politischen Institutionen, deren Vertreterinnen und Vertretern zu interpretieren sind". So heißt es im Entwurf einer Richtlinie der ORF-Leitung, die vergangene Woche durchsickerte. Journalisten sind empört.

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Frankfurter Rundschau (DE) /

Wien auf den Spuren Orbáns

Für die Frankfurter Rundschau gibt Österreich ein ziemlich verstörendes Bild ab:

„Was wir erleben, ist nichts anderes als die beginnende Orbánisierung Österreichs. Wie im benachbarten Ungarn gerät die liberale Demokratie auch hier unter Druck. Den Sicherheitsapparat hat die FPÖ schon unter ihre Kontrolle gebracht. Nun versucht die Rechte, auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf Linie zu bringen. Europa begreift sich eigentlich als Leuchtturm der Freiheit und des Rechts in der Welt. In Wien scheint das zunehmend in Vergessenheit zu geraten.“

Wiener Zeitung (AT) /

Wo ein 'Like' erlaubt ist

Kabarettist Severin Groebner beleuchtet in der Wiener Zeitung die absurden Seiten der Anordnung des ORF an seine Mitarbeiter:

„[K]eine Angst, diese Anordnung betrifft lediglich das Verhältnis von ORF-Redakteuren zu politischen Institutionen, deren Vertreter und Mitglieder. Das heißt, einen Tweet wie 'In der Regierung sitzen lauter Volldillos mit Profilneurose, die es ohne ihre Haberer und Seilschaften nicht mal zum Nachtportier vom Leichenschauhaus geschafft hätten' darf man als ORF-Angestellter nicht mehr teilen, liken oder kommentieren. Ein Facebook-Posting dagegen, das behauptet, dass die Pyramiden von Gizeh von Außerirdischen gebaut wurden, Flugzeuge im fliegenden Betrieb Soda-Himbeer in die Atmosphäre spucken und hinter all dem die von den Juden geplante Islamisierung des Erdbeerlands steht, kann bedenkenlos geteilt werden. Das ist ja auch völlig unpolitisch.“