9. Mai: Welche Botschaft sendet Moskau?
Mit einer großen Militärparade gedenkt Russland am heutigen Freitag des Sieges über das nationalsozialistische Deutschland. Staatsgäste aus rund 30 Ländern wie Belarus, China, der Slowakei und Brasilien nehmen teil. Kommentatoren beleuchten sowohl die Symbolik der pompösen Feier in Zeiten des Krieges gegen die Ukraine als auch die Motive der Gäste.
Keine unschuldige Geste
Latvijas Avīze analysiert:
„Selenskyj hatte erklärt, dass einige Länder um die Bestätigung gebeten hätten, dass am 9. Mai keine Angriffe auf Moskau geplant seien. Er könne jedoch keine solchen Garantien geben. ... Also ja: Diejenigen, die auf der Tribüne vor Lenins Mausoleum sitzen, begeben sich theoretisch in Gefahr. Andererseits handelt es sich bei der Reise nach Moskau um eine politische Geste mit hohem Symbolwert. ... Bekanntlich besuchen ausländische Staatschefs regelmäßig Kyjiw, das ebenfalls Ziel russischer Raketen und Drohnen ist. Solche Reisen sind also noch riskanter, dienen aber dazu, zu zeigen, dass die Unterstützung für die Ukraine unverändert bleibt. Auch diejenigen, die nach Moskau reisen, bringen ihre Position klar zum Ausdruck: ihre Unterstützung für den Aggressor.“
Direkter Aufruf zur Aggression
Eesti Päevaleht wünscht, dass dem Kriegskult in größerem Ausmaß widerstanden wird:
„Diese Zeremonie bringt die Menschen dazu, die Aggressionen ihres Landes zu unterstützen, egal wie irrational sie sind. Die Propaganda ist nicht nur für den einheimischen Konsum bestimmt, sondern für alle, die – aus welchen Gründen auch immer – die Ideologie der russischen Welt teilen sollten. Sie enthält einen direkten Aufruf, jeden anzugreifen, der sich derzeit gegen Moskau und seine aggressive Politik stellt. Dies ist die Art von Kriegskult, dem wir zumindest hier widerstehen können. ... Der Kriegstreiber des Kremls ist eine besonders gute Erinnerung daran, warum es notwendig ist, unmenschliche Regime zu bekämpfen.“
Merkantile Polit-Show
Den ausländischen Parade-Gästen geht es um eigene Interessen und nicht ums Gedenken, schreibt Dserkalo Tyschnja:
„Der 9. Mai 2025 in Moskau ist kein Ausdruck des Andenkens an die Opfer des Krieges, der vor 80 Jahren zu Ende ging, sondern eine politische Show, bei der jeder Teilnehmer seine eigenen Ziele verfolgt. Manche reisen zu Putin, um Waffen zu bekommen, manche wegen der Düngemittel und manche wollen einfach nur nicht in die Ungnade des Nachbarlandes fallen, das über einen 'Atomknüppel' verfügt. ... Die 'Siegesparade' ist das Spiegelbild einer Welt im Wandel, in der die Länder den größtmöglichen Vorteil für sich zu erzielen versuchen, indem sie zwischen den Interessen der USA, Chinas und Russlands balancieren.“
Russlands Achillesferse
Blogger Denys Kasanskyj schreibt anlässlich der ukrainischen Drohnenangriffe auf Moskau in den vergangenen Tagen in einem von Telegraf übernommenen Telegram-Post:
„Im vierten Kriegsjahr hat die Ukraine plötzlich eine echte Schwachstelle in Russland gefunden. Das ist der Luftverkehr. ... Man braucht nicht einmal etwas zu bombardieren. Eine Drohne kann einfach im Kreis herumfliegen und das reicht schon, um Flughäfen lahmzulegen. Die Ukraine hat in dieser Hinsicht nichts zu verlieren – unsere Flughäfen sind ohnehin seit 2022 geschlossen. In Russland aber funktionierte der Flugverkehr überall – außer im Grenzgebiet. Nun hat sich die Situation geändert.“