Was bedeutet Festnahme von Armeniens Ex-Präsident?

In Armenien hat ein Gericht Ex-Präsident Robert Kotscharjan wegen Wahlbetrug und der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten nach der Präsidentschaftswahl 2008 festnehmen lassen. Damals waren zehn Menschen getötet und Hunderte verletzt worden. Kotscharjan drohen nun bis zu 15 Jahre Haft. Was die Festnahme für die Kaukasusrepublik und den postsowjetischen Raum bedeutet, erklären osteuropäische Medien.

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LB.ua (UA) /

Autoritarismus beginnt zu bröckeln

Für Publizist Witalij Portnikow ist die Festnahme Zeichen eines Demokratiedurchbruchs im postsowjetischen Raum. Er schreibt auf dem Portal LB:

„Da haben wir sie plötzlich, die Angst der postsowjetischen Elite vor Vergeltung, die so lange nicht spürbar war, weil hinter dem Rücken stets der Kreml stand, und als schlimmste Folge einer Niederlage im Machtkampf eine Villa an der Rubljowka-Chaussee [in Moskau] zu warten schien, und nicht eine Gefängniszelle. Diese Angst ist eben jener Riss in der Wand des Autoritarismus, durch den die Demokratie zu wachsen beginnt. Früher oder später ist die Demokratie im Stande, das Gebäude des Autoritarismus nicht nur in den Satellitenstaaten Russlands, sondern auch in der durch Straflosigkeit abgehobenen Metropole selbst zu zerstören.“

Radio Kommersant FM (RU) /

Gefährliches Zündeln an einem Pulverfass

Radio Kommersant FM befürchtet, dass dies der Beginn einer größeren Krise sein könnte:

„Und das in einem Land, das faktisch im Krieg mit Aserbaidschan liegt und Nachbarn hat wie die Türkei und den Iran. Das heißt, außer Russland gibt es niemanden, der Armenien schützt. Amerika wird sich heraushalten, Europa und die Nato sowieso. Und was Moskau angeht, so ist ja bekannt, was unsere Führung von Revolutionen hält und erst recht von Verhaftungen von Ex-Staatschefs, die diese Revolutionen zu ersticken versuchten. Daraus wird also auch für uns nicht Gutes, sondern nur ein Problem mehr im postsowjetischen Raum, wo wir ohnehin wenig Verbündete haben. Bislang gehörte Armenien zu diesen, jetzt kann man das bezweifeln.“